Bohren

  1. Definition und Merkmale des Bohrens
  2. Geschichte des Bohrens
  3. Wie funktioniert das Bohren
  4. Bedeutung und Einsatzgebiete des Bohrens
  5. Bohrverfahren
  6. Spanbildung
  7. Vorteile des Bohrens
  8. Nachteile des Bohrens
  9. Werkzeuge und Maschinen des Bohrens
  10. Schmier- und Betriebsstoffe
  11. Besonderheiten des Bohrens am Metall und Holz
  12. Prozessparameter beim Bohren
  13. Erfolgsfaktoren und Umsetzung des Bohrens
  14. Schulungen und Seminare zum Bohren

 

Definition und Merkmale des Bohrens

Bohren ist gemäß der DIN 8589 ein spanendes Verfahren mit rotatorischer Hauptbewegung, bei dem das Werkzeug eine Vorschubbewegung in Richtung der Werkzeugdrehachse ausführt. Das Bohren gehört zur Verfahrensgruppe der Trennverfahren, bei denen durch das Entfernen von Material ein neues Werkstück erzeugt wird. Die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale des Bohrens als spanendes Verfahren sind die sich ändernde Schnittgeschwindigkeit entlang der Werkzeugschneide, der anspruchsvolle Späneabtransport sowie die Wärmeentwicklung an der Wirkstelle.

Bohren

Bohrbearbeitung eines schwer zerspanbaren Werkstoffs Inconel 718. Quelle: ISF

Geschichte des Bohrens

Das Bohren ist eine der ältesten Technologien, die vom Menschen genutzt wurden, um Löcher in Materialien zu erzeugen. Schon in der Steinzeit wurden Löcher in Knochen gebohrt, um sie als Werkzeuge oder Schmuckstücke zu verwenden. Im antiken Griechenland und Rom wurden Löcher in Holz und Metall gebohrt. Mit der industriellen Revolution wurden elektrisch oder pneumatisch betriebene Bohrmaschinen entwickelt.

 

Wie funktioniert das Bohren

Das Bohren ist ein spanendes Fertigungsverfahren, bei dem in der Regel ein rotierender Bohrer in das Werkstück eingeführt wird. Der Bohrer schneidet das Material durch seine Schneiden und erzeugt so eine Bohrung. Während des Bohrens wird das Werkstück normalerweise fixiert, um Vibrationen und Verkantungen zu vermeiden. Der Bohrer selbst wird durch eine Bohrspindel angetrieben und kann je nach Werkstückmaterial und Bohrdurchmesser aus verschiedenen Materialien wie HSS oder Hartmetall bestehen. Die Späne, die beim Bohren entstehen, müssen aus dem Bohrloch herausgeführt werden, um ein Verstopfen oder Beschädigen des Bohrers zu vermeiden. Das Bohren kann manuell oder maschinell durchgeführt werden, wobei moderne Bohrmaschinen oft über automatische Vorschubsysteme verfügen, um eine höhere Präzision und Effizienz zu erreichen.

 

Bedeutung und Einsatzgebiete des Bohrens

Das Bohren hat in vielen Branchen und Anwendungen eine große Bedeutung. Es wird verwendet, um Bohrungen in Metall-, Holz-, Kunststoff- und Verbundwerkstoffen zu erzeugen, die dann als Bauteile oder Komponenten in verschiedenen Maschinen und Geräten verwendet werden können. In der Metallverarbeitung und Maschinenbau wird das Bohren beispielsweise eingesetzt, um Gewindebohrungen oder Passungen zu erzeugen. Weitere Branchen sind unter anderem die Elektrotechnik, das Bauwesen oder die Automobilindustrie. Auch in der Medizintechnik wird das Bohren bei der Herstellung von medizinischen Implantaten und Instrumenten verwendet. Die wirtschaftliche Bedeutung des Bohrens liegt vor allem in der Möglichkeit, präzise und wiederholgenaue Bohrungen in Materialien zu erzeugen. Dies ist oft ein wichtiger Faktor bei der Produktion von hochwertigen Bauteilen und Komponenten. Zudem kann durch die Verwendung moderner Technologien wie CNC-gesteuerten Bohrmaschinen eine höhere Effizienz und Produktivität erreicht werden.

 

Bohrverfahren

Nach der DIN 8589-2 wird das Bohren in Kategorien wie dem Rundbohren, dem Schraubbohren, dem Profilbohren und dem Formbohren unterteilt. Ferner lassen sich diese Kategorien in unterschiedliche Bohrverfahren unterteilen, die im Folgenden beschrieben werden:

Bohren ins Volle

Beim Bohren ins Volle wird eine kreiszylindrische Innenfläche, die koaxial zur Drehachse der Schnittbewegung liegt, in einem Werkstoff erzeugt. Dieses Verfahren gehört zu den häufigsten Bohrverfahren und kann unteranderem mit Bohrern mit symmetrische/unsymmetrisch angeordneten Hauptschneiden, mit Einlippenbohrer oder mit einem Bohrkopf nach dem Einrohrsystem bzw. Doppelrohrsystem erfolgen.

Kernbohren

Im Gegensatz zum Bohren ins Volle, bei dem das gesamte Material durch den Bohrer entfernt wird, bleibt beim Kernbohren ein Zylinder aus Material (Kern) zurück. Dies erfolgt durch die ringförmige Zerspanung des Werkstoffs durch spezielle Bohrwerkzeuge.

Aufbohren, Reiben

Beim Aufbohren wird ein bestehendes Loch in einem Werkstück auf einen größeren Durchmesser erweitert. Hierbei können übliche Bohrwerkzeuge verwendet werden, diese müssen allerdings über einen größeren Schneidendurchmesser als der ursprüngliche Bohrer verfügen. Ein Sonderverfahren des Aufbohrens ist das Reiben. Hierbei werden spezielle Reibwerkzeuge verwendet, die die vorhandene Bohrung mit einer geringen Spanungsdicke aufbohrt. Hierdurch lassen sich maß- und formgenaue Bohrungen mit hoher Oberflächengüte erzeugen.

Gewindebohren

Gewindebohren ist ein Verfahren, bei dem spezielle Gewindebohrer verwendet werden, um ein Innengewinde zu erzeugen. Das Gewinde wird durch die Schneiden des Gewindebohrers in das Material geschnitten. Hierbei ist zu beachten, dass die Vorschubgeschwindigkeit an die Steigung des zu erzeugenden Gewindes angepasst ist.

Profilbohren

Profilbohren ist ein spezielles Bohrverfahren, bei dem Werkzeuge mit komplexen Formen und Konturen eingesetzt werde, um spezielle Profile zu erzeugen. Im Gegensatz zum konventionellen Bohren ins Volle, bei dem eine gerade Bohrung entsteht, wird beim Profilbohren eine Bohrung mit einer speziellen Form hergestellt, die den Anforderungen einer bestimmten Anwendung entspricht. Ein Beispiel hierfür ist die Zentrierbohrung von Drehteilen.

 

Spanbildung

Die Spanbildung beim Bohren bezieht sich auf den Prozess der Materialentfernung, der während des Bohrvorgangs stattfindet. Beim Bohren wird ein rotierender Bohrer verwendet, der das Werkstück schneidet und Material entfernt, um eine Bohrung zu erzeugen. Während des Bohrens können sich die Späne in verschiedenen Formen und Größen bilden, abhängig von Faktoren wie der Art des Bohrers, der Drehzahl des Bohrers, der Vorschubgeschwindigkeit und der Art des zu bearbeitenden Materials. Die Spanbildung kann auch durch den Kühlmitteltyp und den Kühlmitteldruck beeinflusst werden.

Die Spanbildung beim Bohren kann Auswirkungen auf die Qualität der bearbeiteten Oberfläche haben. Eine unkontrollierte Spanbildung kann zu schlechteren Oberflächen als auch zu höheren Werkzeugverschleiß führen. Um die Spanbildung zu kontrollieren, kann ein geeignetes Schmier- oder Kühlmittel eingesetzt werden, das die Reibung reduziert und eine bessere Abfuhr der Späne ermöglicht.

 

Vorteile des Bohrens

Das Bohren ist ein weit verbreitetes Verfahren in der industriellen Fertigung zur Erzeugung von Bohrungen mit einer hohen Genauigkeit und Reproduzierbarkeit. Dadurch kann eine hohe Qualität der bearbeiteten Oberfläche und eine genaue Passung der Teile gewährleistet werden. Des Weiteren ist das Bohren ein sehr effizientes Verfahren, gegenüber dem Fräsen oder Drehen wird weniger Zeit und Energie benötigt.

 

Nachteile des Bohrens

Die Bohrbearbeitung liegt meistens am Ende der Wertschöpfungskette von Werkstücken, daher ist ein Ausschuss in dieser Phase mit hohen Kosten verbunden. Somit werden hohe Anforderungen hinsichtlich der Produktivität und Prozesssicherheit gestellt, um eine wirtschaftliche Fertigung sicherzustellen. Ferner können Bohrwerkzeuge nur beschränkt eingesetzt werden. Während es mit Fräser und Drehplatten möglich ist verschiedene Formen zu erzeugen, können Bohrer lediglich Bohrungen mit ihrem Nenndurchmesser fertigen.

 

Werkzeuge und Maschinen des Bohrens

Je nach Art der Anwendung und den zu bearbeitenden Werkstoffen werden verschiedene Werkzeuge und Maschinen eingesetzt. In Abhängigkeit des Bohrverfahrens kommen Werkzeuge mit symmetrisch oder asymmetrisch angeordneten Hauptschneiden, Einlippen-Bohrwerkzeuge, verschiedenste Bohrköpfe, Reibwerkzeuge, Gewindebohrer oder Profilbohrer zum Einsatz. Die Wahl des Werkzeugmaterials hängt dabei vom zu bearbeitenden Werkstoff ab und kann beispielsweise aus Schnellarbeitsstahl, Hartmetall, Cermets oder Keramik bestehen. Die Wahl der Werkzeugmaschine hängt stark vom Einzelfall ab. Während einfache Bohrungen mit einer Handbohrmaschine erzeugt werden können, erfordert die Bearbeitung von schwer zerspanbaren Werkstoffen mit hohen Genauigkeiten eine CNC-gesteuerte Werkzeugmaschine.

 

Schmier- und Betriebsstoffe

Kühlschmierstoffe spielen beim Bohren eine wichtige Rolle, da sie die Reibung und Wärmeentwicklung zwischen dem Bohrer und dem Werkstück reduzieren können. Dadurch wird der Verschleiß des Bohrers reduziert und die Bohrleistung verbessert. Zusätzlich wird durch eine innere Kühlschmierstoffzufuhr der Spanabtransport unterstützt. Es wird in der spanenden Bearbeitung zwischen zwei Kühlschmierstoffgruppen unterschieden, die wassermischbaren und die nichtwassermischbaren. Nichtwassermischbare Kühlschmierstoffe werden vorzugsweise bei Bearbeitungen, in denen die Reduzierung der Reibung im Vordergrund steht, eingesetzt. Ein typische Anwendungsfall ist das Tiefbohren. Wassermischbare Kühlschmierstoffe besitzen aufgrund ihres hohen Wasseranteils eine deutlich höhere Kühlwirkung. Ein typisches Beispiel ist hier die Öl-in-Wasser-Emulsion.

 

Besonderheiten des Bohrens am Metall und Holz

Aufgrund der unterschiedlichen Materialeigenschaften werden beim Bohren von Metallen und Holz unterschiedliche Bohrer eingesetzt. Die Holzbohrer besitzen im Gegensatz zu Metallbohrer eine Zentrierspitze die verhindert, dass der Bohrer beim Anbohren verrutscht. Mit den tieferliegenden Schneidecken beim Holzbohrer ist es möglich saubere Bohrungen ohne Ausrisse zu erzeugen. Aufgrund der geringeren Härte von Holz können deutlich höhere Prozessparameter verwendet werde. Darüber wird beim Bohren von Holz auf Kühlschmierstoffe verzichtet.

 

Prozessparameter beim Bohren

Die Prozessparameter beim Bohren ähneln sich denen anderer spanender Fertigungsverfahren.

  • Schnittgeschwindigkeit vc

Die Schnittgeschwindigkeit vc ist die Relativgeschwindigkeit zwischen der Werkzeugschneide und dem zu bearbeitenden Werkstück in Schnittrichtung.  Sie wird meist in Meter pro Minute (m/min) angegeben und ist gemäß der Formel vc = n ∙ D ∙ π von der Drehzahl n sowie dem Werkzeugdurchmesser abhängig.

  • Vorschub f

Der Vorschub ist die axiale Bewegung des Werkzeugs. Beim Bohren wird er oftmals in Millimeter pro Umdrehung angegeben. Weitere Möglichkeiten sind die Vorschubgeschwindigkeit vf in Meter pro Minute oder der Zahnvorschub fz.

 

Erfolgsfaktoren und Umsetzung des Bohrens

Die exakte Bestimmung von Prozessparametern erfordert viel Erfahrung und Wissen. Vor allem für Betriebe, welche nur selten insbesondere schwer zerspanbare Werkstoffe bohren, ist es daher ratsam, auf externe Dienstleister zurückzugreifen. Diese haben ein umfassendes Wissen zu Prozessparametern, Werkzeugwahl und anderen Rahmenbedingungen, welche eine erfolgreiche Produktion versprechen.

 

Schulungen und Seminare zum Bohren

Aufgrund der stetig voranschreitenden Digitalisierung, welche in der Fertigungsindustrie den Begriff 4.0 geprägt hat, ist der Austausch über neue Technologien ebenso wichtig wie der Umgang mit diesen. Durch das gezielte Weiterbilden im Bereich des Bohrens, können neben den Prozesszeiten und dem Ausschuss auch der Werkzeugverschleiß reduziert werden, was sowohl ökonomische als auch ökologische Synergieeffekte für das Unternehmen bietet. Die wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik (WGP) bietet im Rahmen der WGP-Produktionsakademie ein maßgeschneidertes Weiterbildungsangebot an. Des Weiteren kann am Institut für Spanende Fertigung (ISF), an der TU Dortmund, ein attraktives Angebot an Seminaren, Schulungen und Weiterbildungen zum Thema Bohren besucht werden, zu denen u.a. das WGP-Seminar gehört, indem den Teilnehmenden an den Basisprozessen wie dem Drehen, Bohren und Fräsen der Umgang mit geeigneter Messtechnik / Sensorik vermittelt wird, um ein breiteres Wissen im Bereich der Zerspanung zu erlangen.

 

Hier finden Sie das Seminar zur Prozess-, Werkzeug- und Maschinenanalyse der WGP-Produktionsakademie.