Frankfurt, 12. November 2025 – Die diesjährige Herbsttagung der WGP (Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik) war ein Highlight. Die führenden Professorinnen und Professoren der Produktionstechnik konnten erstmals die Gewinner des NextGen Engineering Trophy Award küren. Die WGP hatte Fachschaften deutscher Universitäten aufgerufen, innovative Konzepte einzureichen, um Schülerinnen und Schüler für die Ingenieurwissenschaften, insbesondere den Maschinenbau zu begeistern. „Die Studierenden haben beeindruckende Ergebnisse eingereicht und die Entscheidung fiel nicht leicht“, so Prof. Michael Zäh, Präsident der WGP. „Den Wettbewerb haben wir sehr bewusst an Studierende gerichtet, denn sie sind der Lebenswelt der Schulabgänger und -abgängerinnen noch sehr nah. Sie sprechen die Jugendlichen auf Augenhöhe an – und nur so können wir Begeisterung für unsere Fachgebiete wecken.“
Das Problem des Nachwuchsmangels ist schon länger bekannt, weshalb die WGP bereits im Frühjahr 2023 in einer Pressemeldung die Alarmglocken geläutet hat: Schon damals war festzustellen, dass über fünf Jahre hinweg die Zahl der Studienanfängerinnen und -anfänger in den Ingenieurwissenschaften kontinuierlich zurückgegangen ist. Für manche Universitätsinstitute nimmt der Rückgang dramatische Ausmaße an. Manche von ihnen haben Schwierigkeiten, ihren Status-quo aufrecht zu erhalten. „Es ist höchste Zeit, junge Menschen wieder vermehrt für technische Berufe zu begeistern. Auch unsere Industrie benötigt dringend Nachwuchs“, erläutert Michael Zäh. „An unserer Industrie, dem produzierenden Gewerbe hängt schließlich auch der Wohlstand unseres Landes.“
Das Projekt Influencer-Erstis überzeugt
Aus allen Einsendungen wurden fünf Konzepte ausgewählt und deren Verfasser und Verfasserinnen zu einem Pitch auf der Herbsttagung in den Räumen der ABB AG, in Friedberg, eingeladen. Nach den jeweils siebenminutigen Präsentationen der Ideen kürten die WGP-Mitglieder die beiden Siegerteams. Ein Preis ging an das Konzept der Fachschaft Maschinenbau / Chemieingenieurwesen (Mach/CIW) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).
„Viele Schülerinnen und Schüler wissen nicht, dass es den Studiengang Maschinenbau gibt, geschweige denn dass sie wissen, wie vielseitig er ist und welche Entwicklungsmöglichkeiten diese Ausbildung bietet“, sagten Lorenz Neumann und Emilio Ruiz Quincke, die das Projekt präsentierten. Um sie darüber zu informieren, läge nichts näher als sich der Kanäle zu bedienen, die 16- bis 29-Jährige durchschnittlich fünf Stunden am Tag nutzten: Social-Media. Influencer hätten hier einen sehr großen Einfluss auf Jugendliche – und so wurde die Idee der Influencer-Erstis geboren. „Sie erreichen nicht nur den potenziellen Nachwuchs, sondern auch Freunde und Familie der SchülerInnen, die dann ebenfalls Einfluss auf die technikaffinen Teenies nähmen.“ Unter den Studierenden werden nun motivierte Kommilitoninnen und Kommilitonen mit Social-Media-Affinität ausgewählt und es wird ihnen die notwendige Ausrüstung zur Verfügung gestellt. Quasi als Corporate Influencer sollen sie kurze Videos zur Bewerbung des eigenen Studiengangs entwickeln, wofür sie nach Bedarf auch Zugang zu Events, Instituten oder auch Forschungseinrichtungen erhalten. Dabei sollen die Beiträge den Studienalltag authentisch wiedergeben und das Studienfach niederschwellig vorstellen. Die Influencer werden dabei vom Gewinnerteam in wöchentlichen Treffen und Statusabfragen betreut.
Die Anwerbung potenzieller Influencer-Erstis soll nach Vorbereitung der notwendigen Formalien im Juli 2026 beginnen. Das Besondere an der Sache: Nach Erstellung aller notwendigen Unterlagen und Formalien können alle interessierten Hochschulen das Konzept im Open-Source-Sinne für sich verwenden. „Mit Influencer-Erstis kann der Auftritt des Maschinenbaus revolutioniert werden“, so die glücklichen Gewinner.
RoboRangler sind ebenfalls dabei
Das zweite Team mit einem Preis ausgezeichnete Team stellte das Projekt RoboRangeln vor, das bereits 2023 von Studierenden aus der Taufe gehoben wurde. Die Teilnehmenden entwickeln ihre eigenen Roboter und treten dann in Gruppen gegeneinander an. Solche Fight Nights finden mittlerweile jährlich statt und werden auf der Streamingplattform Twitch live übertragen. Michael Ketler und Jonas Schweizer von der Fachschaft Maschinenbau / Mechatronik von der TH Ostwestfalen-Lippe (TH OWL), die das Konzept vorstellten, wollen nun auch Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II in das Projekt einbinden. Seitens der Schulen aus der Region gebe es großes Interesse, sich am RoboRangeln zu beteiligen. Damit sei für Jugendliche ein niedrigschwelliger Einstieg in die Technik geschaffen. Mittels Crash-Kursen und Workshops können sie vorgefertigte Roboter-Bausätze zusammensetzen und werden dabei durch Studierende begleitet. Als Preise für die Siegerteams der FightNights winken Laborführungen an den Universitäten und die Möglichkeit, Hochschulen live zu erleben. Die Gewinner des NextGen Engineering Trophy denken aber noch weiter: „Die Teamanzahl beim RoboRangeln ist nicht begrenzt, so dass auch andere Hochschulen und Universitäten eingeladen werden können“, sagen sie mit Blick in die Zukunft. Auch ein Austausch mit Organisatorinnen und Organisatoren ähnlicher Formate, wie etwa in Dortmund oder Wien, sei denkbar. Und die Kursinhalte lassen sich längerfristig über die Sekundarstufe II hinaus auch an andere Altersgruppen und Skill-Levels anpassen. Nicht zuletzt lässt sich das Ganze digital mithilfe von Online-Kursen und Livestreams der Wettbewerbe erweitern. Und natürlich ließe sich die Methodik auf weitere MINT-Themen übertragen.
Junge Formate eröffnen neue Chancen
Der Preis für die Gewinnerteams beträgt jeweils 5.000 Euro. Die Siegerehrung erfolgte am Abend des gleichen Tages im Rahmen des festlichen Abendessens statt – zu dem natürlich sämtliche Teilnehmende eingeladen waren. Die Preisgelder wollen übrigens beide Gruppen in die Weiterentwicklung ihrer Konzepte investieren.
Damit der Wettbewerb eine nachhaltige Wirkung entfaltet, werden die beiden Siegergruppen auf der kommenden WGP-Frühjahrstagung Anfang Mai über die Fortschritte in ihren Projekten berichten.
Weitere Informationen:
Ingenieurwissenschaftler läuten die Alarmglocken:
https://wgp.de/de/ingenieurswissenschaftler-laeuten-die-alarmglocken/
WGP startet Bundesweite Nachwuchskampagne
https://wgp.de/de/wgp-startet-bundesweite-nachwuchs-kampagne/
Download:
Beitragsbild: Gruppenbild aller WGP-Mitglieder und Wettbewerbsteilnehmenden in den Räumen der ABB AG, Friedberg; Quelle: Tobias Kaufmann, RWTH Aachen
Bild 2: Übergabe des NextGen Engineering Trophy Award an das Team des Karlsruher Instituts für Technologie (v.l.n.r. Prof. Michael Zäh, Emilio Ruiz Quincke, Lorenz Neumann, Prof.in Kirsten Bobzin, Prof. Thomas Bergs), 05. November 2025; Quelle: Tobias Kaufmann, RWTH Aachen
Bild 3: Übergabe des NextGen Engineering Trophy Award an das Team der TH Ostwestfalen-Lippe (v.l.n.r. Prof. Michael Zäh, Jonas Schweizer, Michael Ketler, Prof.in Kirsten Bobzin, Prof. Thomas Bergs), 05. November 2025; Quelle: Tobias Kaufmann, RWTH Aachen