Beitragsbild: Bearbeitung von Reibwerkstoffhalbzeugen. | Quelle: IFW Hannover; Copyright: Bremskerl-Reibbelagwerke Emmerling GmbH & Co. KG

Das vom IFW geleitete Mittelstand-Digital Zentrum Hannover (MDZH) konnte zeigen, wie KI die optische Kontrolle von Bremsbelägen automatisieren kann. Der manuelle Prüfaufwand konnte gesenkt und Mitarbeitende bei der Sicherstellung der Produktqualität unterstützt werden.

 

Dezember 2025 – Organische Bremsbeläge bestehen aus komplexen Verbundwerkstoffen, deren Zusammensetzung stark variiert. Unterschiedliche Rohstoffe führen zu einer Vielzahl von Oberflächenstrukturen, Farben und Texturen. Bisher erfolgt deshalb eine manuelle 100%-Qualitätskontrolle durch erfahrene Fachkräfte – ein zeitintensiver und erfahrungsabhängiger Prozess. Mit einer KI-gestützten Vorabprüfung lässt sich dieser Aufwand deutlich reduzieren, ohne Abstriche bei Qualität und Sicherheit zu machen. Gleichzeitig wird die Dokumentation von Fehlerbildern objektiviert, was die Nachvollziehbarkeit der Prüfergebnisse verbessert.

Das MDZH hat gemeinsam mit der Firma Bremskerl Reibbelagwerke in Estorf daher verschiedene KI-Methoden im Bereich Maschinelles Sehen erprobt: Klassifizierung, Objekterkennung und Segmentierung. Die Datensätze für das Training der Modelle wurden systematisch in Trainings-, Validierungs- und Testmengen aufgeteilt, sodass eine belastbare Modellentwicklung möglich war. Durch diese Vorgehensweise konnte die Leistungsfähigkeit der Algorithmen zuverlässig überprüft werden, bevor sie in der Produktion eingesetzt wurden.

 

Zwei KI-Ansätze für unterschiedliche Fehlerbilder

Der Prüfstand besteht aus einer Basler-Kamera mit 5 Megapixeln und einem speziell ausgewählten Objektiv, die auf einem kompakten Prüfstand montiert ist. Um die rund 900 mm langen Reibwerkstoff-Halbzeuge vollständig zu erfassen, sind fünf Einzelaufnahmen erforderlich, die anschließend zu einer Gesamtanalyse zusammengeführt werden. Für robuste Ergebnisse empfiehlt sich eine konstante Beleuchtung, die externe Lichtquellen nutzt und so kalibriert wird, dass die natürlichen Schwankungen der Fertigungsumgebung ausgeglichen werden. Das KI-Modell läuft auf einem Embedded System (Nvidia Jetson Orin NX 16 GB), das direkt in die Maschinensteuerung integriert werden kann – eine praxisnahe Lösung, die es ermöglicht, Qualitätsprüfungen direkt an der Fertigungslinie durchzuführen, ohne dass die Produkte verschoben werden müssen.

Für die Qualitätssicherung kommen zwei Modellarten zum Einsatz:

  • Objekterkennung: erkennt Einschlüsse rohstoffbedingter Fremdbestandteile und markiert diese mit einem Rechteck der sogenannten Bounding Box. Dies erlaubt eine schnelle Lokalisierung und, falls erforderlich, eine manuelle Nachkontrolle. So können auch selten auftretende Fehler zuverlässig identifiziert werden.
  • Objektsegmentierung: wird für schwarze Flecken eingesetzt, deren Größe und Anzahl entscheidend sind. Hier werden die Fehlstellen pixelgenau erfasst und in reale Größen umgerechnet, sodass eine genaue Bewertung der Spezifikationen möglich ist.

Die Datensätze umfassten zwei Fehlerklassen mit 200 Bilder für Einschlüsse und 325 Bilder für Flecken. Als Architektur dienen die leichten Modelle YOLO11s (Objekterkennung) und YOLO11s-seg (Segmentierung), die speziell für Embedded Hardware optimiert sind. Mit einer Bildgröße von 2560 Pixeln können sie jede Aufnahme in unter einer Sekunde verarbeiten, sodass die Qualitätssicherung in Echtzeit erfolgen kann.

Bild 1: Prüfstand zur optischen Qualiltätskontrolle. | Quelle: IFW Hannover, Copyright: Bremskerl-Reibbelagwerke Emmerling GmbH & Co. KG

Bild 1: Prüfstand zur optischen Qualiltätskontrolle. | Quelle: IFW Hannover, Copyright: Bremskerl-Reibbelagwerke Emmerling GmbH & Co. KG

Ergebnisse der Machbarkeitsstudie

Für die Einschlusserkennung wurde eine mittlere durchschnittliche Genauigkeit (mAP@50) von 0,835 erreicht, für Flecken 0,748. Damit gelingt es, auch kleine Fehlstellen zuverlässig zu identifizieren. Die Ergebnisse zeigen, dass KI-basierte Systeme die Qualitätssicherung unterstützen können und gleichzeitig helfen, die Produktionsprozesse effizienter zu gestalten. Besonders die Fähigkeit, Fehler automatisch zu erkennen und zu klassifizieren, reduziert das Risiko menschlicher Fehler und ermöglicht eine gleichbleibend hohe Produktqualität.

Bild 2: Ausgabe des KI-Modells, Einschluss auf Reibwerkstoffhalbzeug & vergrößerte Ansicht der Fehlseite zur Nachkontrolle. | Quelle: IFW Hannover, Copyright: Bremskerl-Reibbelagwerke Emmerling GmbH & Co. KG

Bild 2: a) Ausgabe des KI-Modells, Einschluss auf Reibwerkstoffhalbzeug & b) vergrößerte Ansicht der Fehlseite zur Nachkontrolle. | Quelle: IFW Hannover, Copyright: Bremskerl-Reibbelagwerke Emmerling GmbH & Co. KG

Die Untersuchungen zeigen, dass eine KI-gestützte Vorprüfung Bremsbeläge zuverlässig auf Fehler analysieren kann. Dadurch lassen sich Prüfzeiten verkürzen, erfahrene Fachkräfte entlasten und gleichzeitig hohe Qualitätsstandards wahren. Das Projekt verdeutlicht das Potenzial von KI, die Qualitätssicherung effizienter, nachvollziehbarer und zukunftsfähiger zu gestalten. Perspektivisch kann diese Technologie auch auf weitere Bauteile und Fertigungsprozesse ausgeweitet werden, um die Digitalisierung und Automatisierung in der Industrie weiter voranzutreiben.

 


Förderer

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie


Ansprechpartner

Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen
Leibniz Universität Hannover

Prof. Berend Denkena
Institutsleitung
Tel.: +49 (0)511 762 2553
E-Mail: denkena@ifw.uni-hannover.de

Dr. Michael Rehe
Leitung Mittelstand-Digital Zentrum Hannover
Tel.: +49 (0)511 762 2293
E-Mail: rehe@ifw.uni-hannover.de

Paul Krombach
Leitung Abtlg. Maschinentechnologien
Tel.: +49 (0)511 762 18311
E-Mail: krombach@ifw.uni-hannover.de


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Bearbeitung von Reibwerkstoffhalbzeugen. | Quelle: IFW Hannover; Copyright: Bremskerl-Reibbelagwerke Emmerling GmbH & Co. KG

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Prüfstand zur optischen Qualitätskontrolle. | Quelle: IFW Hannover, Copyright: Bremskerl-Reibbelagwerke Emmerling GmbH & Co. KG

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Ausgabe des KI-Modells, Einschluss auf Reibwerkstoffhalbzeug & vergrößerte Ansicht der Fehlseite zur Nachkontrolle. | Quelle: IFW Hannover, Copyright: Bremskerl-Reibbelagwerke Emmerling GmbH & Co. KG

 

 

 

 

 

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