Internationale Lieferketten stehen angesichts anhaltender geopolitischer, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen unter dauerhaftem Druck. WGP-Forschende aus Hannover entwickeln daher in einem BMFTR-geförderten Projekt ein „Resilienz-Cockpit“ und einen Baukasten für proaktives Management. Der anwendungsnahe, ganzheitliche Resilienz-Managementprozesses macht Unternehmen aller Größen und Branchen resilienter gegen äußere Störungen.
Dezember 2025 – Die geopolitischen Ereignisse der vergangenen Jahre haben die Lieferketten und die Resilienzfähigkeit der Unternehmen vor große Herausforderungen gestellt. Externe Störereignisse wie die Covid-19-Pandemie und die Blockade des Suez-Kanals hatten zum Teil umfängliche Produktionsausfälle und verringerte Wertschöpfungstätigkeiten zur Folge. Das Ziel der WGP-Initiative PARMa („Proaktive Steigerung der Anpassungsfähigkeit produzierender Unternehmen durch agiles Resilienz-Management“) ist der Aufbau von Resilienz, sodass produzierende Unternehmen und ihre Lieferketten eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegenüber Schocks und Störereignissen entwickeln können. Es ist ein im Verbund gefördertes Forschungsprojekt des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR).
Proaktiv statt reaktiv
Bereits etablierten Konzepten wie Risikomanagement oder Business Continuity Management fehlt es an der notwendigen proaktiven und agilen Ausrichtung, um organisatorische Resilienz wirksam zu fördern. Das Team aus Hannover entwickelt mit PARMa daher proaktive Managementprozesse, die die Agilität erhöhen, sie auf zukünftige Störereignisse besser vorbereiten und damit die Resilienz der Unternehmen stärken.
Anhand der Charakteristik von Störereignissen, wie dem Ausfall einer Maschine oder die Erkrankung eines Mitarbeitenden, lassen sich die Handlungsfelder zur Erhöhung der Resilienz ableiten. Störungen und Schocks unterteilen sich unter der Betrachtung der zeitlichen Komponente in die Erkennungszeit, Reaktionszeit und Wiederherstellungszeit. Eine möglichst geringe Dauer dieser Zeiten trägt entscheidend dazu bei, dass Unternehmen ein Störereignis bestmöglich überstehen können. Daher liegt ein Schwerpunkt der Forschung darin, die Unternehmen zur Verkürzung dieser Zeiten zu befähigen, um im Falle zukünftiger Beeinträchtigungen eine rasche Rückkehr zum angestrebten Leistungsniveau zu ermöglichen.
Ganzheitlichkeit als entscheidender Faktor
Zur Entwicklung eines geeigneten Managementprozesses werden derzeit Methoden erarbeitet, die die aktuelle Resilienz der Unternehmen erfassen. Dazu zählen Befragungen, Prozessmodellierungen und tiefergehende Analysen der Unternehmen sowie bereits aufgetretener Störereignisse. Die Aufnahme der Ist-Situation soll dabei vollumfänglich auf allen Unternehmensebenen geschehen, da jede Ebene – unabhängig davon, ob kleinere Arbeitsstation oder Top-Management – zur Unternehmensresilienz beiträgt. Damit wird die spezifische Situation in ganzheitlicher Perspektive analysiert, sodass klare Handlungsfelder zur Steigerung der Resilienz abgeleitet werden können.
Maßnahmen nach dem Baukastenprinzip
Die Ergebnisse der Analyse und deren Auswirkungen auf unternehmerische Strukturen und Prozesse bilden die Grundlage für die Entwicklung individuell passender Maßnahmen, die je nach Unternehmensgröße, und Fertigungsart sehr unterschiedlich sein können. Im Mittelpunkt steht daher die Erarbeitung eines Resilienz-Baukastens, der auf Grundlage identifizierter Bedarfe geeignete Maßnahmen empfiehlt, um die Resilienz der Unternehmen gezielt zu stärken. Letztlich sollen die gewonnenen Forschungsergebnisse in einen Managementprozess integriert werden, der eine praxisnahe Anwendung und Implementierung in produzierenden Unternehmen ermöglicht.

Bild 1: Zielbild des PARMa-Projekts: Proaktives Resilienz-Managementsystem in einer agilen Organisation, Quelle: IFA
Resilienz-Cockpit als Frühwarnsystem
Unterstützend zum Managementprozess wird ein „Resilienz-Cockpit“ entwickelt, welches auf kennzahlbasierten Frühindikatoren beruht und drohende Gefahren frühzeitig in den Fokus rücken soll. Hierzu zählen Veränderungen volkswirtschaftlicher und produktionstechnischer Kennzahlen, wie beispielsweise Absatzprognosen, Preisentwicklungen, Geschäftsklimaindizes, Maschinenausfallzeiten, Personalfluktuation und Lieferantenstabilität.
Das Vorhaben ist auf eine Laufzeit von drei Jahren ausgelegt und wird von Unternehmen verschiedener Größenordnungen und Branchen aktiv begleitet. Durch die Einblicke in die Prozesse und Abläufe von Kleinunternehmen, Mittelständlern und börsennotierten Großkonzernen können wertvolle Informationen in die Erarbeitung eines ganzheitlichen Resilienz-Managementprozesses einfließen und die Anwendbarkeit sichergestellt werden. Zur Gewährleistung der Anwendbarkeit und Akzeptanz sind zudem unterschiedliche Entwicklungspartner am Projekt beteiligt, die jeweils unterschiedliche Schwerpunktkompetenzen in Software, Kommunikation, Digitalisierung und prozessökonomischen Fragestellungen mitbringen.
Mehr Informationen
PARMa-Projekt:
Förderer
Gefördert durch das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR)
Ansprechpartner
Institut für Fabrikanlagen und Logistik (IFA)
Leibniz Universität Hannover
Prof. Peter Nyhuis
Institutsleiter
Tel.: +49 (0)511 7623390
E-Mail: nyhuis@ifa.uni-hannover.de
Björn Burzynska
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Tel.: +49 173 7620933
E-Mail: burzynska@ifa.uni-hannover.de
Downloads:
Konsortialtreffen der Projektbeteiligten bei der Drägerwerk AG & Co. KGaA in Lübeck, Quelle: IFA
Zielbild des PARMa-Projekts: Proaktives Resilienz-Managementsystem in einer agilen Organisation, Quelle: IFA
