Frankfurt, 13. Oktober 2025 – Wie lässt sich die Produktion moderner Antriebssysteme für Schwerlastwagen optimieren? Wie kann die Wiederaufbereitung von Produkten angesichts unsicherer Rückgabequalitäten und -mengen optimiert werden? Und wie kann KI helfen, beim Fräsen auftretende Verschiebungen am Werkzeugmittel-
punkt zu minimieren? Diese und viele weitere Fragen wurden auf dem diesjährigen WGP-Jahreskongress am Produktionstechnischen Zentrum Hannover (PZH) vergangene Woche beantwortet. „Wir haben in diesem Jahr eine ganze Reihe außergewöhnlicher neuer Ansätze für die Produktion von morgen gesehen“, freut sich Prof. Michael Zäh, Präsident der WGP. „Dieses Engagement unserer jungen Studierenden wollen wir fördern und in die Öffentlichkeit bringen.“
Insgesamt 73 Nachwuchstalente aus den Produktionswissenschaften präsentierten vergangene Woche ihre Forschungsergebnisse zu nachhaltigen Produktionsprozessen und Kreislaufwirtschaft, zu Künstlicher Intelligenz und Automation, digitaler Transformation, Produktionsmanagement und innovativen Fertigungstechnologien. Damit wurde der Kongress seinem Motto „Neue Impulse für die Produktion – Intelligent, effizient, digital“ absolut gerecht.
Fräsprozesse und Kreislaufwirtschaft optimieren
Maurice Engels vom Institut für Produktionstechnik (wbk) des KIT zeigte beispielsweise, wie Wiederaufarbeitungsprozesse erfolgreich umgesetzt werden können. Das Problem in einem auf Kreislaufwirtschaft ausgelegten Unternehmen ist die ungewisse Rückgabequalität von Komponenten und Materialien, schwankende Mengen und variable Prozesszeiten. Engels stellte ein neuartiges Framework vor, das stochastische Rückgabeeingänge und dynamische Verarbeitungsbedingungen modelliert. „Es erleichtert Entscheidungsprozesse, die die Produktionsplanung deutlich vereinfachen und die Produktion steigern kann“, erläutert der WGP-Präsident.
Natürlich befassten sich auch viele Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit Künstlicher Intelligenz und innovativen Fertigungstechnologien. Matthäus Loba vom WZL der RWTH Aachen etwa stellte Ersatzmodelle vor, mit denen dank Künstlicher Neuronaler Netze (KNN) die Verschiebung des Werkzeugmittelpunkts (TCP) beim Fräsen einfacher zu bestimmen ist. Während analytische Modelle eine hohe Recheneffizienz bieten, liefern Finite-Elemente-Modelle (FEM) eine höhere Genauigkeit. Sie erfordern jedoch je nach Anzahl der Elemente deutlich längere Rechenzeiten, was eine Echtzeitberechnung unmöglich macht. Basierend auf FEM-Simulationen trainierte Loba mehrere KNN, von denen das beste die FE-Simulationen mit einem mittleren absoluten prozentualen Fehler von weniger als 1% auf den Trainingsdaten berechneten.
Best Paper Award für optimiertes Antriebssystem für Schwerlastverkehr
Den Preis für das beste Paper des Jahreskongresses erhielt Heiko Krauss vom Institut für Umformtechnik (IFU) der Universität Stuttgart. Er hatte ebenfalls dank KNN gezeigt, wie Schwankungen von Prozessparametern während der Produktion von Bipolarplatten (BPP) besser verhindert werden können; denn selbst geringe Änderungen führen zu Rissen und Rückfederungen. BPP übernehmen in Brennstoffzellensystemen, die insbesondere für Schwerlastanwendungen eine wichtige Energiequelle für moderne Antriebssysteme sind, eine entscheidende Funktion ein.
Krauss entwickelte ein neuartiges System zur Qualitätssicherung und Prozesssteuerung für die Serienfertigung von BPP. Er führte mehrere Simulationen des Prägeprozesses von BPPs mit unterschiedlichen Prozessparametern wie Reibungskoeffizient und Niederhalterkraft durch, um zunächst eine Prozessdatenbank zu erstellen. Diese Datenbank verwendete er anschließend zum Trainieren des KNN eines digitalen Zwillings. Anschließend zeigte er, dass das KNN Prozessparameter vorhersagen kann und sich daher für die Verwendung durch einen Regelalgorithmus zur Empfehlung von Prozessparameteranpassungen eignet.
Salzgitter und andere Unternehmen zum guten Schluss
Neben einem Überblick über spannende Innovationen bot der Jahreskongress auch die Gelegenheit, sich auszutauschen und neue Netzwerke zu knüpfen. Ein Highlight waren auch die drei Exkursionen zum Schluss der Veranstaltung. Teilnehmende hatten die Möglichkeit, die Unternehmen VSM AG, Viscom SE, MeKo Manufacturing und die Salzgitter AG zu besichtigen. Diese Exkursionen bieten einen exklusiven Einblick in die industrielle Praxis und zeigten, wie wissenschaftliche Erkenntnisse in der Produktion umgesetzt werden.
Damit die in Hannover präsentierten Forschungsergebnisse auch jedermann zur Verfügung stehen, werden im Anschluss an den Kongress die vorgestellten Arbeiten in einem Tagungsband veröffentlicht.
Download:
Beitragsbild: WGP-Jahreskongress in Hannover, 30. September bis 2. Oktober 2025; Quelle: René Laeger
Bild 2: Übergabe des Best Paper Award auf dem WGP-Jahreskongress 2025, (v.l.n.r.), Prof. Bernd-Arno Behrens, IFUM Hannover; Heiko Krauss, IFU Stuttgart; Quelle: René Laeger
Bild 3: Prof. Michael Zäh, WGP-Präsident; Quelle: iwb TU München, Sebastian Kissel