Die Nutzung unterschiedlicher KI-Verfahren eröffnet neue Möglichkeiten zur Unterstützung verschiedener Phasen des Engineering in der Produktionstechnik. Dazu zählt Simulationsmodellen und Anlagenlayouts automatisiert nach Kundenwünschen bereitzustellen sowie die autonome Generierung von hochwertigen SPS-Codes.
Dezember 2025 – Das digitale Engineering von Anlagen und Maschinen kann einen großen Wettbewerbsvorteil bieten, sofern es wirtschaftlich umgesetzt wird. Die Modellierung und das virtuelle Testen sind dabei grundsätzlich zeitintensiv – insbesondere, wenn viele Fehler oder Änderungswünsche des Kunden zu ständigen Neuentwicklungen führen. Um dieses Problem zu lösen, erforschen Forschende der WGP am Institut für Steuerungstechnik (ISW) der Universität Stuttgart Methoden, um KI-Technologien wie generative KI gezielt einzusetzen und die manuellen Anpassungen oder Neuentwicklungen von digitalen Modellen zu beschleunigen.

Abbildung 1: Abstimmung zwischen Kunde und Hersteller am Simulationsmodell mittels KI-Assistenz | Quelle: ISW Stuttgart
Vollautomaisch Simulationsmodelle ableiten
Im Forschungsprojekt AssistVC werden Mechanismen untersucht, um aus Kundenwünschen vollautomatisch erste Simulationsmodelle von Anlagen, Maschinen oder sogar Produkten abzuleiten. Zu diesem Zweck werden beispielsweise Protokolle aus Kundengesprächen intelligent ausgewertet und mit dem Katalog des Herstellers verknüpft. Mithilfe eines semantischen Abgleichs werden dem Modellentwickler dann Vorschläge unterbreitet, die die KI als Lösung der Kundenanforderung identifiziert hat. Zudem können vorab definierte Regeln einer symbolischen KI genutzt werden, um das Ergebnis weiter zu formen. So ist es beispielsweise möglich, Maschinen einer Fabrik initial im Raum anzuordnen, Komponenten einer Zelle korrekt auszurichten oder Produkte auf definierte Art und Weise zusammenzusetzen. Auch das Simulationsverhalten, wie Übergabepunkte, Ablauf- und Kinematikketten, kann in diesem Schritt definiert werden, sodass das generierte Modell unmittelbar in einer Simulationsumgebung ausführbar wird.
Da die KI alle Lösungen anhand eines Punktesystems hinsichtlich ihrer Eignung gegenüber den gegebenen Anforderungen bewertet, entstehen eine Vielzahl von Varianten, aus denen der Entwickler, und perspektivisch der Kunde selbst, wählen kann. Die KI hilft dabei, den Ergebnisraum intelligent einzuschränken, und filtert anhand frei definierbarer Regelsätze unrealistische Lösungen heraus. Schließlich soll auch untersucht werden, wie initiale Modelle in den Katalog des Herstellers generiert werden können, falls dort keine Lösung für ein gegebenes Problem bereitgestellt wird. Mittels generativer KI werden zunächst 3D-Modelle aus Textbeschreibungen generiert und anschließend möglichst nah an ein nutzbares Simulationsmodell herangeführt, um den Entwicklungsaufwand des Modellerstellers zu minimieren.
Automatisierte Steuerungscodes sparen Zeit und Geld
Ein weiterer Aspekt des Engineerings ist die Automatisierung industrieller Prozesse, die zunehmend komplexere Softwarelösungen notwendig macht. In der heutigen Zeit wird der Steuerungscode für Maschinen und Anlagen in der Regel manuell von erfahrenen Ingenieuren und Ingenieurinnen programmiert. Dieser Prozess ist zeitaufwändig, fehleranfällig und mit hohen Kosten verbunden. Dank neuen Ansätzen kann der Prozess mithilfe von generativen agentenbasierten Verfahren weitgehend automatisiert werden.
Der zentrale Aspekt besteht in der Implementierung mehrerer Large Language Model-Agenten (LLM), welche auf generativen Sprachmodellen basieren. Sie sind in der Lage, technische Anforderungen aus natürlicher Sprache zu interpretieren und diese in ausführbaren Code nach IEC 61131-3 zu übersetzen, wie in Abbildung 2 dargestellt. Die Agenten greifen dabei auf eine Wissensbasis zu, die Fachwissen über Maschinen, Prozesse und Richtlinien enthält. Dieser Ansatz ermöglicht die Generierung von Steuerungscodes hoher Qualität, ohne die Notwendigkeit einer manuellen Programmierung jeder einzelnen Zeile. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der automatisierten Qualitätssicherung. Mittels der virtuellen Inbetriebnahme (VIBN) erfolgt die Prüfung des erzeugten Codes direkt in einer Simulationsumgebung, bevor reale Maschinen zur Verfügung stehen. Die Simulation identifiziert potenzielle Fehler oder Optimierungspotenziale und leitet den relevanten Agenten entsprechende Rückmeldungen weiter, die dazu genutzt werden, den Code eigenständig zu reparieren und zu optimieren.

Abbildung 2: Architektur einer SPS-Coding- und Evaluierungs-Pipeline basierend auf Sprachmodell-Agenten und virtuellen Inbetriebnahme-Methoden. | Quelle: ISW Stuttgart, verändert nach Flaticon und Lucas-Nülle [https://www.flaticon.com/ | https://www.lucas-nuelle.de/]
Für den industriellen Alltag bedeutet dies: kürzere Entwicklungszeiten, eine Reduktion von Programmierfehlern und eine Entlastung der Fachkräfte. Ingenieurinnen und Ingenieure können sich folglich verstärkt auf kreative und konzeptionelle Aufgaben fokussieren, während die KI für die Bewältigung von Routineaufgaben zuständig ist. Das ISW war unter anderem mit diesen Themen und weiteren Demonstratoren auf der SPS 2025 Messe in Nürnberg Ende November vertreten.
Förderer
AssistVC: Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) FKZ. 16IS24026C.
Ansprechpartner
Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (ISW)
Universität Stuttgart
Prof. Oliver Riedel
Institutsleitung
Tel.: +49 (0)711 685 82466
E-Mail: oliver.riedel@isw.uni-stuttgart.de
Erik-Felix Tinsel
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Tel.: +49 (0)711 685 84510
E-Mail: erik-felix.tinsel@isw.uni-stuttgart.de
Robin Kimmel
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Tel.: +49 (0)711 685 84640
E-Mail: robin.kimmel@isw.uni-stuttgart.de
Downloads:
Generative KI | Quelle: ISW Stuttgart
Abstimmung zwischen Kunde und Hersteller am Simulationsmodell mittels KI-Assistenz | Quelle: ISW Stuttgart
Architektur einer SPS-Coding- und Evaluierungs-Pipeline basierend auf Sprachmodell-Agenten und virtuellen Inbetriebnahme-Methoden. | Quelle: ISW Stuttgart, verändert nach Flaticon und Lucas-Nülle [https://www.flaticon.com/ | https://www.lucas-nuelle.de/]