
Unternehmen setzen zunehmend dezentrale Energieversorgungssysteme (DESS) ein, um die eigene Nachhaltigkeit, Kosteneffizienz und Resilienz zu steigern. Die Wasserstofftechnologie bietet dabei durch längere Energiespeicherungsmöglichkeiten Vorteile gegenüber reinen Batterielösungen. Die Steuerung solcher Systeme soll nun anpassungsfähiger werden.
Juni 2025 – Wie das gehen soll – dieser Frage widmen sich Forschende des WGP-Lehrstuhls für Fertigungstechnik und Betriebsorganisation (FBK) der RPTU Kaiserslautern und der Federal University of Rio Grande do Norte in Brasilien. Gefördert wird das Projekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der brasilianischen Koordinierungsstelle CAPES. Denn während Elektrolyseure, Speichersysteme und Brennstoffzellen inzwischen kommerziell verfügbar sind, bleiben aktuelle Management-Ansätze für DESS meist regelbasiert und wenig adaptiv. Bezüglich der Optimierung von Kosten und Emissionen ist die Lösungsqualität herkömmlicher Ansätze durch die Komplexität der zahlreichen Teilsysteme und Variablen begrenzt.
Ein Ansatz mit multikriterieller Zielsetzung zur verbesserten Energiesteuerung verspricht deutliches Entwicklungspotenzial für mehr Nachhaltigkeit, Kosteneffizienz und Ausfallsicherheit. Bei der Untersuchung dieses Ansatzes werden auch standortabhängige Einflussfaktoren berücksichtigt, um eine weltweit einsetzbare Lösung zu entwickeln. In Brasilien ist die öffentliche Stromversorgung mit einer Ausfallzeit von etwa 12,77 Stunden pro Jahr weniger zuverlässig als in Deutschland, wo die jährliche Ausfallzeit bei etwa 10 Minuten liegt. Demgegenüber bietet Brasilien aufgrund seiner höheren Sonneneinstrahlung, insbesondere im Norden des Landes, größere Perspektiven für die Energieerzeugung. Im kooperativen Forschungsprojekt wird untersucht, wie das Management eines wasserstoffbasierten DESS durch einen Multi-Agent Reinforcement Learning (MARL) Ansatz realisiert werden kann. MARL ermöglicht die Zerlegung des komplexen Optimierungsproblems in Teilprobleme und hat dadurch das Potential, bessere Lösungen als bestehende Ansätze zu liefern. Zentrale Aspekte der Forschung sind die Optimierung des MARL-Ansatzes bezüglich Kosten, Emissionen und Resilienz des Systems, die Entwicklung von Methoden zur Erklärbarkeit der komplexen Entscheidungsprozesse und die Untersuchung des Einflusses der Anzahl von Agenten auf die Systemleistung.
Blick in die Zukunft
Das Projekt wird in enger deutsch-brasilianischer Zusammenarbeit bearbeitet. Dazu gehören die Definition von Szenarien, die repräsentativ für beide Länder unterschiedliche Anforderungsprofile berücksichtigen, die Entwicklung digitaler Zwillinge der DESS-Komponenten und deren Integration in eine Reinforcement-Learning-Umgebung. Die Implementierung unterschiedlicher MARL-Ansätze bietet die Möglichkeit, Einflussfaktoren auf die Lösungsqualität zu identifizieren. Nach der Definition einer geeigneten MARL-Architektur werden Methoden der Erklärbarkeit untersucht, um das Verständnis und die Akzeptanz der Nutzer für den Energiemanagement-Ansatz zu erhöhen und damit die Anwendbarkeit in der Praxis sicherzustellen. Letztlich werden verschiedene Szenarien in Deutschland und Brasilien für die Validierung herangezogen, wodurch die breite Anwendbarkeit für verschiedene Standorte und Produktionssysteme sichergestellt wird. Die Zusammenfassung der Projektergebnisse in einem interaktiven Softwaredemonstrator wird letztendlich den Transfer der Ergebnisse in die Praxis unterstützen.

Bild 1: Multi-Agent Reinforcement Learning Ansatz zur intelligenten Steuerung wasserstoffbasierter DESS | Quelle: FBK Kaiserslautern, Marcel Wagner
Förderer
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) – AU 185/132-1
Ansprechpartner
Lehrstuhl für Fertigungstechnik und Betriebsorganisation (FBK)
RPTU Kaiserslautern
Prof. Jan C. Aurich
Lehrstulleitung
Tel.: +49 631 205 2617
E-Mail: fbk@mv.rptu.de
Marcel Wagner
Leitung Bereich Produktionssysteme
Tel.: +49 631 205 3323
E-Mail: Marcel.wagner@rptu.de
Downloads:
Planung von Energiesystemen | Quelle: colourbox.de
Multi-Agent Reinforcement Learning Ansatz zur intelligenten Steuerung wasserstoffbasierter DESS | Quelle: FBK Kaiserslautern, Marcel Wagner