
Störungen in der Produktion werden insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) meist reaktiv behandelt. Das Forschungsprojekt „KIbaroP“ verfolgt einen prädiktiven Ansatz: Mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) werden Störungen auf Grundlage historischer Daten vorhergesagt und in der Produktionsplanung berücksichtigt.
Juni 2025 – In der industriellen Praxis wird Störungen gegenwärtig durch pauschale Zeitpuffer entgegengewirkt. Diese erhöhen kurzfristig die Termintreue, führen jedoch langfristig zu verlängerten Durchlaufzeiten, höheren Umlaufbeständen und einer reduzierten Effizienz. Das WGP-Forschungsprojekt KIbaroP adressiert dieses Defizit durch die Entwicklung einer auf künstlicher Intelligenz (KI) basierten Methode, mit der Störungen auf Grundlage historischer und aktueller Daten prädiktiv erkannt und vermieden werden können. Im Fokus steht insbesondere die Anwendbarkeit der Lösung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die häufig durch eine begrenzte Datenverfügbarkeit und heterogene IT-Systemlandschaften gekennzeichnet sind.
KIbaroP basiert auf einem datengetriebenen Vorgehen, bei dem reale Produktions-, System- und Rückmeldedaten mit synthetisch erzeugten Daten aus Simulationsmodellen kombiniert werden. Auf diese Weise entsteht eine belastbare Datenbasis, die sowohl dem Training von KI-Modellen als auch der Identifikation von Engpässen und Störungen dient. Im operativen Einsatz ist das trainierte Modell in der Lage, die aktuelle Situation auf Grundlage historischer Daten zu bewerten und gezielt Maßnahmen zur Störungsvermeidung vorzuschlagen. Betrachtet werden dabei Beschaffung und Produktion als zentrale Bereiche der industriellen Wertschöpfung. Dadurch wird eine durchgängig robuste Produktionsplanung ermöglicht, die potenzielle Störungen frühzeitig erkennt und präventiv vermeidet.
Zuverlässige Vorhersage von Störungen im Bereich Beschaffung
Im Rahmen der zunächst bis September 2025 laufenden Projektarbeiten setzten die Wissenschaftler der WGP einen ersten exemplarischen Anwendungsfall erfolgreich um. Auf Grundlage von bereitgestellten Unternehmensdaten aus dem Bereich Beschaffung trainierten und evaluierten sie ein erstes Klassifikationsmodellmit dem XGBoost-KI-Modell. Die Zielvariable unterscheidet dabei unternehmensspezifisch die Lieferzustände: verfrühte, pünktliche oder verspätete Lieferung.
Das entwickelte Modell erreicht in der Evaluation eine durchschnittliche Klassifikationsgenauigkeit von 84 Prozent und zeigt bereits in diesem frühen Stadium großes Potenzial für den praktischen Einsatz. Die Ergebnisse belegen, dass Liefertermine selbst bei begrenzter Datenverfügbarkeit zuverlässig prognostiziert werden können. In den kommenden Projektphasen wird das Modell sukzessive auf die Produktionsprozesse übertragen. So entsteht ein ganzheitlicher Ansatz, der die Stufen der industriellen Wertschöpfung umfasst und langfristig eine resiliente Produktionsplanung ermöglicht. Dieses Zwischenergebnis markiert einen bedeutenden Meilenstein im Projekt KIbaroP und zeigt, dass prädiktive Modelle auch unter realen industriellen Rahmenbedingungen erfolgreich zur Stabilisierung von Planungsprozessen beitragen können.
Praxisnutzen und Perspektiven für KMU
Durch die KI-gestützte Identifikation von Störungen können vorhandene Ressourcen gezielter eingesetzt, Pufferzeiten reduziert und Umlaufbestände gesenkt werden. Dies steigert nicht nur die Termintreue, sondern wirkt sich auch positiv auf die Kapitalbindung und Produktionskosten aus. Um die Ergebnisse in KMUs unmittelbar nutzbar zu machen, wird parallel zur technischen Entwicklung ein praxisnaher Demonstrator mit intuitiver Benutzeroberfläche realisiert. Ergänzend entsteht bis spätestens Frühjahr 2026ein modularer Leitfaden zur Integration der Methode in bestehende Prozesse.

Bild 2: Schematischer Prozess der Produktionsplanung mithilfe des XGBoost-KI-Modells | Quelle: iwb München
Mehr Informationen
https://www.fir.rwth-aachen.de/forschung/forschungsprojekte/detail/kibarop-23054-n
Förderer
Bundesministerium für Wirtschaft und Energgie (BMWE)
Ansprechpartner
Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb)
Technische Universität München
Prof. Michael F. Zäh
Institutsleiter
Tel.: +49 89 289 15502
E-Mail: Michael.zaeh@iwb.tum.de
Julian Stang
Projektleiter
Tel.: +49 89 289 15549
E-Mail: Julian.stang@iwb.tum.de
Jannik Stöver
Projektbearbeiter
Tel.: +49 89 289 15579
E-Mail: Jannik.stoever@iwb.tum.de
FIR e.V.
RWTH Aachen
Jan Joppien
Projektleiter
Tel.: +49 1577 2412388
E-Mail: Jan.Joppien@fir.rwth-aachen.de
Downloads:
Projektpartner beim Projekttreffen im März 2024 | Quelle: iwb München, Julian Stang
Schematischer Prozess der Produktionsplanung mithilfe des XGBoost-KI-Modells | Quelle: iwb München