Die Verbrennung von Wasserstoff ist eine Schlüsseltechnologie der Energiewende, wobei sich durch den Einsatz von Wasserstoff neue Anforderungen an die Geometrie der Brennkammern von Gasturbinen ergeben. Additive Fertigungsverfahren helfen, Brennkammergeometrien zu optimieren. Dadurch stabilisiert sich das Verbrennungsverhalten und Emissionen werden reduziert.
Juli 2024 – Grüner Wasserstoff und insbesondere dessen effiziente Verbrennung sind wichtige technologische Bausteine zur Realisierung der Energiewende. Die technische Umsetzung der Verbrennung von Wasserstoff stellt die Gasturbinenbranche jedoch vor große Herausforderungen. Besonders wichtig für den sicheren Betrieb der Gasturbinen ist die Flammenstabilisierung innerhalb der Brennkammer. Allerdings sind die aktuell erdgasbasierten Lösungen nicht auf Brennstoffe mit hohem Wasserstoffgehalt übertragbar. Zusätzlich war die Konstruktion von Brennkammern bislang durch die Herstellungsrestriktionen konventioneller Schneid- und Gießverfahren erheblich eingeschränkt.
Additive Fertigung verschiebt die Grenzen
Die Einbeziehung additiver Fertigungstechnologien in den Entwicklungsprozess kann hierbei einen entscheidenden Wendepunkt darstellen. Die additive Fertigung ermöglicht die Herstellung innovativer Brennkammergeometrien losgelöst von den konstruktiven Einschränkungen konventioneller Fertigungstechnologien. Für die vollständige Integration additiver Fertigungsverfahren in den Entwicklungs- und Fertigungsprozess von Brennkammern gilt es, bestehende Fertigungsrestriktionen wie beispielsweise Formabweichungen aufzulösen.
Im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes ENERGIZE forschen Mitarbeitende der WGP am iwb (Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften) der Technischen Universität München in Kooperation mit dem Institut für Strömungsmechanik und Technische Akustik der Technischen Universität Berlin an der additiven Fertigung optimierter Brennkammergeometrien für die Wasserstoffverbrennung.
Die WGP-Forschenden untersuchen dabei in drei aufeinander aufbauenden Arbeitspaketen unterschiedliche Ansätze zur Optimierung der Brennkammergeometrie in Bezug auf ihre Herstellbarkeit mit dem additiven Fertigungsverfahren. Im Fokus steht dabei das pulverbettbasierte Schmelzen von Metallen mittels Laserstrahl. Nachfolgend werden die Arbeitspakete des iwb sowie erste Ergebnisse im Detail erläutert.
In Arbeitspaket 1 soll das Prozessfenster zur Herstellung poröser Strukturen ermittelt werden. Hierfür wurden Probekörper mit unterschiedlichen porösen Strukturen aus einer hochtemperaturbeständigen Nickelbasislegierung mit einer kommerziellen Laserstrahl-Schmelz-Anlage hergestellt. Die Prozessparameter, wie beispielsweise die Laserleistung, wurden dabei nicht variiert. Die Porosität wurde mithilfe der Archimedes-Methode ermittelt. Aufnahmen mittels Computertomografie (CT) der Probekörper wurden erstellt, um Formabweichungen in Abhängigkeit der Prozessbedingungen zu untersuchen. Pulverrückstände und Fremdkörper aus Nachbearbeitungsschritten innerhalb der Strukturen konnten detektiert werden. Um die mechanischen Eigenschaften der porösen Strukturen zu ermitteln, werden Zugprüfkörper mit unterschiedlicher Porosität und mit variierenden Aufbaurichtungen hergestellt. In statischen Zugprüfversuchen werden derzeit die Zugfestigkeit und die Steifigkeit in Abhängigkeit der Porosität ermittelt.
Stabilität und Oberflächenrauheiten im Blick
Das nächste Arbeitspaket startet noch diesen Sommer. Ziel ist die Herstellung von komplexen Mikrokanälen mit hoher Maßhaltigkeit bezogen auf die vorab definierte Form und ohne Einschränkungen in der Orientierung der Kanäle im Bauteil. Dabei soll die Entfernbarkeit von Pulverrückständen aus dem additiven Fertigungsprozess berücksichtigt werden. Um dies zu erreichen, werden zylindrische, parallel zur Aufbaurichtung des Bauteils orientierte Mikrokanäle mit unterschiedlichen Durchmessern hergestellt. Durch CT-Scans können sie zerstörungsfrei untersucht werden und so Informationen über die Kontinuität und die Maßhaltigkeit der Kanäle sowie die Möglichkeit zur Entfernung von Pulverrückständen geliefert werden. Zur Ermittlung der Oberflächenbeschaffenheit der Mikrokanäle werden die Probekörper aufgetrennt und die Oberfläche mit einem Laser-Scanning-Mikroskop untersucht. Das beschriebene Vorgehen wird mit Mikrokanälen unterschiedlicher Orientierung wiederholt.
Arbeitspaket 3 zielt auf die Herstellung und Untersuchung von komplexen Strukturen mit einer definierten Oberflächenrauheit ab. Additiv gefertigte Probekörper, die aufgrund ihrer Geometrie verschiedene Schrägen und dadurch unterschiedliche Oberflächenrauheiten aufweisen, werden hierfür chemisch nachbearbeitet. Das chemisch entfernte Materialvolumen wird durch ein 3D-Scanning-System und die Oberflächenrauheit durch ein Lasermikroskop ermittelt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus München untersuchen zudem, welche Zeit sie für die chemische Nachbearbeitung benötigen, um die gewünschte Rauheit der Oberfläche zu erreichen und die Wirtschaftlichkeit des Prozesses zu garantieren.
Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus den Arbeitspaketen 1 – 3 sollen in einem abschließenden Schritt maßhaltige Demonstratoren der Brennkammer hergestellt werden. Um die Qualität der komplexen Brennkammergeometrie zu gewährleisten, wird während des additiven Fertigungsprozesses eine schichtweise Prozessüberwachung angestrebt. Diese prozessbegleitende Qualitätskontrolle soll zu einer gesteigerten Prozesssicherheit beitragen und zukünftig die vollständige Integration additiver Fertigungstechnologien in den Entwicklungs- und Fertigungsprozess von Brennkammern für die Wasserstoffverbrennung unterstützen.
Die Untersuchung der Wasserstoff-Verbrennung im Projekt ENERGIZE liegt bei den Lehrstühlen für Dynamik instabiler Strömungen und für Experimentelle Strömungsmechanik der TU Berlin.
Beitragsbild: Visualisierung der am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb) durchzuführenden Arbeitspakete mit den zugehörigen experimentellen Untersuchungsmethoden des ENERGIZE-Projekts | Quelle: BMBF / Hans-Joachim Rickel
Weitere Informationen
DFG:
https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/523881008
Förderer
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des SPP 2419 „Ein Beitrag zur Realisierung der Energiewende: Optimierung thermochemischer Energiewandlungsprozesse zur flexiblen Nutzung wasserstoffbasierter erneuerbarer Brennstoffe durch additive Fertigungsverfahren“, Laufzeit 01.10.2023 – 30.09.2026, Projektnummer: 523881008
Ansprechpartner
Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb)
Techniche Universität München
Prof. Michael F. Zäh
Institutsleiter
Tel.: +49 89 289 15502
E-Mail: lukas.melzig@iwb.tum.de
Lukas Melzig
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Tel.: +49 89 289 15572
E-Mail: lukas.melzig@iwb.tum.de
Downloads:
Visualisierung der am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb) durchzuführenden Arbeitspakete mit den zugehörigen experimentellen Untersuchungsmethoden des ENERGIZE-Projekts | Quelle: BMBF / Hans-Joachim Rickel
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