Teile der wissenschaftlichen Mitarbeiter/-innen im Projekt Bauen mit Papier | Quelle: PtU Darmstadt

IngenieurInnen müssen heute nicht nur fachlich fit sein, sondern auch interdisziplinäres und internationales Projektmanagement beherrschen. Und sie müssen ihr Anliegen allgemeinverständlich präsentieren können. Das lernen Studierende in dem interdisziplinären Hochschulprojekt BAMP! – Bauen mit Papier.

Juni 2018 – Heutige Forschungsfragen sind meist zu komplex, als dass das Fachwissen eines Wissenschaftlers ausreicht, um ganzheitliche Lösungen zu erarbeiten. Daher schließen sich meist unterschiedliche Fachdisziplinen zusammen, um Synergien zu nutzen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit verlangt von wissenschaftlichen MitarbeiterInnen vermehrt Teamfähigkeit und interkulturelle Kompetenzen, ebenso wie ausgeprägte Projektmanagementfähigkeiten. In dem Projekt „Bauen mit Papier“, an dem sieben Forschungsinstitute an drei verschiedenen Standorten die Bauwelt revolutionieren, sollen daher Studierende gezielt das interdisziplinäre Arbeiten lernen.

Die Notwendigkeit interdisziplinärer Projektarbeit

Computertomographische Aufnahme eines Papierfasernetzwerks | Quelle: PtU Darmstadt

Computertomographische Aufnahme eines Papierfasernetzwerks | Quelle: PtU Darmstadt

Ziel des Konsortiums der TU Darmstadt, der technischen Hochschule Mittelhessen und der Hochschule Darmstadt ist es, temporäre Bauten, wie Unterkünfte in Katastrophengebieten oder für Festivalbesuche, aus Papier zu fertigen, um so die Umweltbelastung nach der meist kurzfristigen Nutzung zu reduzieren.

Neben fundierten Kenntnissen im Bereich der Papierherstellung sind in diesem Projekt auch Kenntnisse im Bereich der nachhaltigen Papiermodifikation auf Basis des Fasernetzwerkes (vgl. Abbildung 1) zur Steigerung der Feuchte- und Brandresistenz notwendig. Zusätzlich gilt es, ästhetische Fragestellungen der Architektur zu beantworten, um eine hohe Produktakzeptanz zu erzielen. Nicht zuletzt müssen auch ingenieurstechnische Berechnungsgrundlagen für die Auslegung der temporären Bauten bereitgestellt werden  – eine Domäne der Bauingenieure. Da mit ebenen Papierhalbzeugen, Gestaltungsideen und Berechnungsgrundlagen allein keine attraktiven Bauteile gefertigt werden können, werden Maschinenbauer gebraucht, um mit angepassten Produktionstechniken (Halbzeugfertigung, Umformverfahren) die Herausforderungen ganzheitlich zu lösen (siehe Abbildung 2).

Gemeinsame Sprache finden

Während fachlich durch die Synergien der verschiedenen Disziplinen beste Voraussetzungen für das Vorhaben geschaffen sind, führt die Interdisziplinarität durchaus auch zu Spannungsfeldern. Besonders anschaulich werden die Herausforderungen zwischen den Disziplinen Produktionstechnik (Maschinenbau) und Gestaltung (Architektur) mit ihren grundverschiedenen Arbeitsweisen. Während der/die MaschinenbauerIn für die Entwicklung oder Anpassung eines Fertigungsprozesses zunächst Anforderungen und Rahmenbedingungen festlegt und auf deren Basis technische Lösungen erarbeitet, entwirft der/die ArchitektIn nahezu täglich neue Anschauungsmodelle. Dies führt dazu, dass zwischen den beiden Disziplinen eine deutliche Diskrepanz bezüglich der zeitlichen Planung und Umsetzung entsteht.

Projektkonsortium des interdisziplinären Teams „Bauen mit Papier“ | Quelle: PtU Darmstadt

Projektkonsortium des interdisziplinären Teams „Bauen mit Papier“ | Quelle: PtU Darmstadt

Neben kontinuierlicher Kommunikation, Abstimmung und die Definition gemeinsamer Ziele ist daher für eine erfolgreiche Zusammenarbeit unablässig. Gesellschaftlich herrscht hierzu in Zeiten von E-Mail, Smartphone und WhatsApp die vornehmliche Denkweise, dass eine kontinuierliche Kommunikation WissenschaftlerInnen vor keine Herausforderung stellen sollte. In interdisziplinären, und wie im Falle BAMP! auch internationalen Projektteams, zeigt sich jedoch, dass vor allem die Unterschiede im Fachvokabular und Sprache der jeweiligen Disziplinen zur Herausforderung werden kann. So „befeuchtet“ der/die ProduktionstechnikerIn das Papier um ein besseres Umformverhalten zu erzielen. Der/die PapieringenieurIn hingegen verwendet für die gleiche Tätigkeit jedoch den Begriff des „Konditionierens“.

Erfolg durch außeruniversitäre Veranstaltungen

Durch persönliches Engagement und außeruniversitäre Aktivitäten kann das Verständnis für die jeweils anderen Arbeitsweisen projektintern verbessert werden. Daher treffen sich die wissenschaftlichen MitarbeiterInnen (Abbildung 3) in regelmäßigen Abständen beispielsweise zum Bowlen oder gemeinsamen Abendessen, wobei neben fachlichen Gesprächen auch das private Kennenlernen gewünscht ist. Ziel ist ein kooperierendes Projektteam, das sich  – bei aller Heterogenität – gemeinsam dafür einsetzt, Papier für den Einsatz in temporären Bauten zu qualifizieren.

Darüber hinaus besteht für alle ProjektbearbeiterInnen die Möglichkeit, an Fortbildungsmaßnahmen im Rahmen des Programms „Ingenium – Young Researchers at TU Darmstadt“ teilzunehmen. Hier bieten Kurse wie „Effektiv in Teams zusammenarbeiten – Diversity verstehen und konstruktiv nutzen“ oder „Projektmanagement für Einsteiger“ das notwendige Fachwissen für die praktische Projektarbeit. Im Rahmen des Projektes wurde nicht zuletzt die Ringvorlesung „Bauen mit Papier – vom Material bis zur Gestaltung von Papierbauwerken“ ins Leben gerufen. Hierbei finden neben der Vermittlung theoretischen Wissens interdisziplinäre Gruppenübungen statt. Neben der BAMP-Vorlesung fördert die TU Darmstadt die Interdisziplinarität zudem mit Vorlesungseinheiten in fachfremden Fachbereichen.

Beitragsbild: Teile der wissenschaftlichen Mitarbeiter/-innen im Projekt Bauen mit Papier | Quelle: PtU Darmstadt


Mehr Informationen

BAMP! – Bauen mit Papier
www.tu-darmstadt.de/bauenmitpapier/

Förderer

LandesOffensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz” (LOEWE) des Landes Hessen

Ansprechpartner

Institut für Produktionstechnik und Umformmaschinen PtU
TU Darmstadt

Prof. Peter Groche
Tel.: +49 6151 16-23143
E-Mail: groche@ptu.tu-darmstadt.de

Philipp Stein
Tel.: +49 6151 16-23147
E-Mail: stein@ptu.tu-darmstadt.de