FlexCAR heißt die offene Plattform, mittels der das Auto der Zukunft und damit auch der Automarkt neu konzipiert werden. Ergebnis wird ein cyberphysisches, vollelektrisches Fahrzeug sein, das updatefähige und funktionale Innen- und Außenmodule integriert.
Dezember 2018 – Die individuelle Mobilität verändert sich rasant. Zwei teilweise gegensätzliche Trends lassen sich dabei im Nutzerverhalten ausmachen. Auf der einen Seite ein Trend weg von persönlichem Eigentum hin zur bedarfsgesteuerten Mobilität. Andererseits ein Trend zur weiteren Individualisierung des eigenen Fahrzeugs. Diesem Trend will FlexCAR entgegenkommen. An dem updatefähigen individuellen Modell arbeiten die Stuttgarter WGP-Institute IFF, IAT, ISW und Fraunhofer IPA gemeinsam mit Partnern aus der Industrie.
Neue Konzepte für flexible Produktion
Neuartige Mobilitätskonzepte, wie beispielsweise Shared Mobility und autonomes Fahren sowie alternative Antriebskonzepte – bis hin zum vollständig elektrifizierten Antriebsstrang – führen zudem zu grundlegend neuen Anforderungen an das Fahrzeug, den sich ändernden Fahrzeugaufbau und dessen Materialität sowie die Produktion und die Nutzung. Daher müssen die Grundlagen der Mobilität und die Produktion der Fahrzeuge neu konzipiert werden.
Das Ziel des Verbundprojekts FlexCAR ist es, neu zu definieren, was eine Plattform, wie sie etwa für Roboter- und 3D-Drucklösungen bereits existieren, in Bezug auf Fahrzeuge und Fahrzeugkonzepte leisten muss. Denn künftig werden produzierende Unternehmen nicht mehr nur einzelne Komponenten entwickeln und Zulieferer diese später in Autos integrieren. Vielmehr werden die Produzenten eine Vielzahl von Komponenten flexibel produzieren – auch ältere Modelle, gemäß dem Trend hin zu Losgröße 1. Ziel ist eine sich permanent anpassende, fluide Produktion von kleinen intelligenten Modulen, die sich selbst organisieren und so wenig Planung wie möglich notwendig machen. Dann wird zum Beispiel das neueste Navigationssystem am Markt sich ohne Probleme in ein zehn Jahre altes Auto einbauen lassen.
Zulieferer werden völlig neue Rolle spielen
Darüber hinaus werden Zulieferer (OEM, Original Equipment Manufacturer) nicht mehr nur Komponenten in Fahrzeuge einbauen, sondern sie werden zu aktiven, im Wettbewerb stehenden Anbietern, die über den gesamten Fahrzeuglebenszyklus Dienstleistungen und Komponenten für den Plattformbetreiber, später jedoch auch direkt für den Endkunden, zur Verfügung stellen können. Sind die geöffneten Schnittstellen standardisiert, können die von verschiedenen Herstellern angebotenen Komponenten – sei es ein neuer Bildschirm, ein Sensor oder eine neue Software – auch nachträglich integriert werden. Das ermöglicht auch für bislang unbeteiligte Akteure wie Start-ups oder Entwickler-Communities einen Zugang.
Die Rolle des Zulieferers verschiebt sich somit weg vom Integrator hin zum Plattformentwickler, -anbieter und -betreiber, der in diesem Rahmen die Verantwortung für die Gewährleistung von Security und Safety sowie für die Gesamtprodukteigenschaften trägt. Ein Werksgelände wird er dann erst gar nicht mehr betreten müssen, weil er seine Produkte über die Plattform zur Verfügung stellt, von wo sie abgerufen werden können. Seine Aufgabe wird vielmehr eine stete Optimierung seiner Waren sein, vergleichbar Apple, das seine Plattform iOS zur Verfügung stellt, die von den Kunden individuell genutzt werden kann.
Das Konzept einer offenen Fahrzeugplattform lässt zu jeder Zeit die Integration neuer Komponenten und neuer Funktionalitäten zu. Die Öffnung ermöglicht dementsprechend neue Produkte und erweitert den Kreis der potentiellen Marktteilnehmer signifikant. Die Auslegung dieser Art von Fahrzeugen der Zukunft löst nicht nur starre Produktstrukturen und Zuliefererhierarchien auf, sondern eröffnet ganz neue Geschäftsmodelle.
Ein breites Forschungsfeld
Bereits in den vergangenen vier Jahren haben die Stuttgarter WGP-Institute IFF, ISW, IFW und Fraunhofer IPA gemeinsam mit Industriepartnern wie Daimler, Bosch, Siemens und Trumpf im Projekt LeiFu (Intelligenter Leichtbau durch Funktionsintegration) den Fokus auf die Funktionsintegration und den intelligenten Leichtbau gelegt. Im Nachfolgeprojekt FlexCAR, bei dem zusätzlich zu den oben genannten Instituten das Stuttgarter IAT beteiligt ist, werden nun neue Mobilitätskonzepte und Lösungen für die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Mobilität der Zukunft entwickelt.
Auf dem Weg zur cyberphysischen Mobilität, die im Stuttgarter Forschungscampus ARENA2036 entwickelt wird, markiert das Verbundprojekt FlexCAR die zweite von drei Phasen. Im Fokus stehen die Mensch-Fahrzeug-Interaktion, die Update-und Upgrade-Fähigkeit sowie die modulare Produktion.
FlexCAR wird in einer Entwicklercommunity neue Formen der Mobilität in einer neuartigen Wertschöpfungskette erforschen. Geplant sind unter anderem die Entwicklung von individuellen Komponenten, die in neuen Kombinationen von Fertigungsverfahren gebaut werden, sowie die Integration von Energiespeichern.
Ergebnis wird ein cyberphysisches, vollelektrisches Fahrzeug sein, das updatefähige und funktionale Innen- und Außenmodule integriert.
Beitragsbild: die ARENA2036-Forschungshalle vor dem Ramp-up, als reine Plattform – Quelle: Brigida Gonzales
Mehr Informationen
FlexCAR als Teilprojekt von ARENA2036: https://www.arena2036.de/de/121-arena2036
ARENA2036: https://www.arena2036.de
Ansprechpartner
Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb (IFF)
Universität Stuttgart
Prof. Thomas Bauernhansl
Leiter IFF
Tel.: +49 711 970 1101
E-Mail: thomas.bauernhansl@iff.uni-stuttgart.de
ARENA2036
Dr. Max Hoßfeld
Leiter Technologieprojekte ARENA2036 e.V.
Tel.: +49 711 685 68482
E-Mail: max.hossfeld@arena2036.de
Dr. Clemens Ackermann
Forschungskoordination Internationalisierung
Tel.: +49 711 685 68370
Mobil: +49 175 438 5589
E-Mail: clemens.ackermann@arena2036.de