Konzept zum Ökodesign in der additiven Fertigung mittels der Bewertung der energiebezogenen Leistung | Quelle: FBK/TU Kaiserslautern

Ökologische Potenziale der additiven Fertigung können durch Anwendung des Ökodesigns bereits in der Entwicklung des Produkts erschlossen werden. Forscher aus Kaiserslautern haben nun das Vorgehen bei der ökologischen Optimierung vereinfacht.

Dezember 2019 – Die additive Fertigung umfasst alle Fertigungsverfahren, bei denen Bauteile durch schichtweisen Materialauftrag hergestellt werden. Sie ist geeignet für die Produktion von Bauteilen, die durch konventionelle Fertigungsverfahren wie zum Beispiel Gießen oder Zerspanung nicht oder nur unter hohem Zeit- und Kostenaufwand hergestellt werden können.

Neues Konzept für Ökodesign

Neben diesen Potenzialen werden der additiven Fertigung ökologische Vorteile gegenüber konventionellen Fertigungsverfahren zugeschrieben, wie z. B. die Reduzierung des Ressourcenaufwands. Allerdings kann die Additive Fertigung beispielsweise aufgrund energieintensiver Verfahren mit langen Prozessdauern mitunter auch zu hohen negativen Umweltauswirkungen führen. Die Ausprägung der Umweltauswirkungen ist stark anwendungsfallabhängig und wird neben Produktionsrandbedingungen (z. B. Losgröße oder beabsichtigte Qualität) und Prozessparametern (z. B. Schichtdicke oder Aufbaurate) zu einem großen Teil bereits in der Entwicklungsphase der Produkte festgelegt.

Vor diesem Hintergrund bietet der Ansatz des Ökodesigns weitreichende Potenziale, um bereits während der Entwicklung eines Produktes oder einer Dienstleistung dessen lebenszyklusorientierte Umweltauswirkungen zu minimieren. Kern des Ökodesigns ist die fortwährende Analyse und Reduzierung der Umweltauswirkungen der jeweiligen Bestandteile. Das hierfür am weitesten verbreitete Instrument ist die Ökobilanz (Life Cycle Assessment nach ISO 14040), bei der verschiedene Umweltauswirkungskategorien wie Treibhauseffekte und Ökotoxizität bilanziert und analysiert werden. Die Durchführung der Ökobilanz beinhaltet allerdings die Bilanzierung vielfältiger Prozessdaten wie Material- und Energieaufwände und ist dadurch zeit- und kostenintensiv. Dieser Nachteil wird dadurch verstärkt, dass im Zuge des Ökodesigns im Falle von Anpassungen mitunter mehrere Ökobilanz-Iterationen durchgeführt werden müssen.

Simulation erleichtert ökologische Bilanzierung

Um diese Nachteile zu überwinden und den Ansatz des Ökodesigns praxistauglich auf die additive Fertigung zu adaptieren, wurde am Lehrstuhl für Fertigungstechnik und Betriebsorganisation (FBK) der TU Kaiserslautern ein neues Konzept zum Ökodesign für die additive Fertigung entwickelt. Der Kern der Vereinfachung besteht darin, dass eine simulationsgestützte Bewertung der energiebezogenen Leistung (Energy Performance Assessment) anstelle der konventionellen Ökobilanz durchgeführt wird.

Im entwickelten Ansatz (siehe Bild 1) werden zunächst die Merkmale eines Produkts wie dessen Abmessungen und Formelemente spezifiziert. Anschließend wird es topologisch optimiert, wobei die günstigste Geometrie unter Berücksichtigung mechanischer und funktioneller Randbedingungen ermittelt und generiert wird. Basierend darauf wird eine Maschine zur additiven Fertigung ausgewählt, deren Maschinendaten zu den Produktmerkmalen und anderen allgemeinen Produktionsanforderungen (zum Beispiel Losgröße und Durchlaufzeit) passen.

Um eine Fertigungsaufgabe zu starten, erstellen die Maschinenbediener bzw. Ingenieure einen Prozessparametersatz, der Parameter wie Aufbaurate und Schichtdicke enthält. Anschließend wird dieser Parametersatz einem Simulationswerkzeug zugeführt und damit der Energieaufwand für die geplante Fertigungsaufgabe vorhergesagt. Das Simulationswerkzeug wurde am FBK entwickelt und durch Experimente validiert. Die simulierten Ergebnisse dienen anschließend der Bewertung der energiebezogenen Leistung der jeweiligen Fertigungsaufgabe, bei der Energieleistungskennzahlen wie spezifischer Energieverbrauch und Energieeffizienz berechnet und analysiert werden. Abschließend entscheidet der Ökodesigner, ob die geplante Fertigungsaufgabe hinsichtlich der energiebezogenen Leistung freigegeben werden kann. Erfolgt keine Freigabe, können Potenziale zur Verbesserung der Energieeffizienz identifiziert und die vorherigen Schritte wie topologische Optimierung, Auswahl der Maschine und Prozessplanung so oft erneut durchgeführt werden, bis die optimale energiebezogene Leistung der Fertigungsaufgabe erreicht ist. Durch den niedrigen Anpassungsaufwand des Simulationsmodells können diese Iterationen sehr schnell durchlaufen werden. Ist die finale Freigabe durch den Anwender erfolgt, kann das so optimierte Produkt von der ausgewählten Maschine unter Nutzung des definierten Parametersatzes produziert werden.

Das beschriebene Konzept resultiert aus einem Teilprojekt des Internationalen Graduiertenkollegs „International Research Training Group (IRTG) 2057 Physical Modeling for Virtual Manufacturing Systems and Processes“. Es soll im Sommer 2020 fertiggestellt werden.

Beitragsbild: Konzept zum Ökodesign in der additiven Fertigung mittels der Bewertung der energiebezogenen Leistung | Quelle: FBK/TU Kaiserslautern


Mehr Informationen

International Research Training Group IRTG2057
www.irtg2057.de

Förderer

Diese Forschung wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert – 252408385 – IRTG 2057

Ansprechpartner

Lehrstuhl für Fertigungstechnik und Betriebsorganisation (FBK)
Technische Universität Kaiserslautern (TUK)

Prof. Jan C Aurich
Lehrstuhlleiter
Tel.: +49 631 205 2618
E-Mail: fbk@mv.uni-kl.de

Li Yi
Projektleiter
Tel.: +49 631 205 3369
E-Mail: li.yi@mv.uni-kl.de