AgiloBat_1 Quelle: KIT/Bramsiepe | wbk Karlsruhe

Kundenindividuelle Batteriezellen für Fahrzeuge und Elektrowerkzeuge anstelle standardisierter Massenware? Die im Rahmen des Forschungsprojektes AgiloBat entstehende agile Batteriezellfertigung zeigt auf, wie die Fertigung flexibilisiert und damit das Produktdesign völlig neu gedacht werden kann.

 

Juni 2022 – Der Markt für Lithium-Ionen-Batteriezellen wird derzeit dominiert von standardisierten Batteriezellen aus vorrangig asiatischer Produktion, die auf spezialisierten und starr verketteten Produktionslinien hergestellt werden. Zellstandards hinsichtlich elektrochemischer Eigenschaften und geometrischer Bauform werden durch Großabnehmer definiert, die eine langfristige und gleichmäßige Auslastung der hoch spezialisierten Anlagentechnik gestatten. Sowohl die technologische Weiterentwicklung der Batterietechnologie etwa durch neue Materialien als auch die Nachfrage spezialisierter Zelltypen verhalten sich dahingegen volatil und sind wenig planbar.

 

Entwicklung eines agilen Produktionssystems

Das Projekt AgiloBat von Forschenden des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) setzt hier an und entwickelt ein agiles Produktionssystem zur stückzahl-, format- und materialflexiblen Produktion von Batteriezellen. Statt unflexibler Fertigungslinien werden freiprogrammierbare Roboterzellen eingesetzt, die mit hochflexiblen und austauschbaren Anlagenmodulen bestückt sind. Eine bedarfsgerechte Klimatisierung der Roboterzellen erlaubt eine an den einzelnen Prozessschritten orientierte energieeffiziente Verarbeitung feuchteempfindlicher Batterieaktivmaterialien, was die Investitionen in die Anlage amortisiert und sie somit zukunftsfähig macht. Die Anzahl der Roboterzellen ist frei skalierbar und kann an die aktuelle Nachfrage angepasst werden. Mithilfe von Simulationen wird das Produktionssystem optimal konfiguriert. So können neue Aufträge schnell bearbeitet und die Kapitalbindung durch die Anlagentechnik reduziert werden.

 

Formatflexible Lithium-Ionen-Pouchzellen | Quelle: KIT/Bramsiepe wbk Karlsruhe

Bild 1: Formatflexible Lithium-Ionen-Pouchzellen | Quelle: wbk Karlsruhe, Bramsiepe 

 

Naht das Ende unhandlicher Akkuschrauber?

Ein Konfigurationstool übersetzt die Kundenanforderungen an den Batteriezellverbund in konkrete Produktanforderungen der einzelnen Zellen. Auf diese Weise wird nicht nur die elektrische Verschaltung der einzelnen Batteriezellen optimiert, sondern auch ihre thermischen Eigenschaften und die Bauraumausfüllung. Diese Daten werden in einer Datenbank abgelegt, an die auch die agile Anlagentechnik inklusive Qualitätssicherung angebunden ist. Die Methoden der Digitalisierung helfen dabei, den Produktionsanlauf effizient zu gestalten und den Ausschuss minimal zu halten.

Dieses Konzept und die prototypische Realisierung der agilen Batteriezellfertigung erlauben die schnelle, umweltfreundliche und kundenindividuelle Fertigung von Batteriezellen. „Die Batteriezelle kann künftig an die spezifische Anwendung angepasst werden“, ist sich Prof. Jürgen Fleischer, Institutsleiter Maschinen, Anlagen und Prozessautomatisierung am wbk und Mitglied der WGP (Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik) sicher. „Wir möchten hier einen Beitrag leisten, dass die Ergonomie von Powertools nicht durch den Akkupack negativ beeinflusst wird. Die Zellen müssen vom Produkt definiert werden und nicht umgekehrt. Zudem werden mit dem agilen Produktionsansatz Automobilhersteller befähigt, ihre neuen Batteriekonzepte schnell zu fertigen und zu erproben und damit die Entwicklungszeiten signifikant zu verkürzen.“

Konzept der agilen Batteriezellfertigung | Quelle KIT/wbk Karlsruhe

Bild 2: Konzept der agilen Batteriezellfertigung | Quelle: wbk Karlsruhe

Forschung im interdisziplinären Verbund

Die Komplexität der Batteriezellfertigung erfordert insbesondere beim Aufbau einer agilen Batteriezellfertigung die intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit von Materialwissenschaftlern, Verfahrens- und Produktionstechnikern. Diese ist sowohl im Projekt AgiloBat gegeben als auch im BMBF-Kompetenzcluster zur Intelligenten Batteriezellproduktion (InZePro), in dem das Projekt verortet ist. Im InZePro-Cluster arbeiten 28 Forschungsinstitute in 18 Forschungsprojekten interdisziplinär eng zusammen, um das Produktionssystem der Batteriezellfertigung unter Einsatz von Lösungen der Industrie 4.0 ganzheitlich zu optimieren. Dies soll neben der Flexibilisierung des Produktionssystems hinsichtlich Menge, Format, Material und verwendeter Technologien sowohl zu einer Steigerung der Produktqualität von Batteriezellen und der Produktivität der Batteriezellproduktion als auch zu einer Reduzierung der Produktionskosten führen. Die enge Zusammenarbeit und Vernetzung im Projekt AgiloBat wie im gesamten InZePro-Cluster erlauben die zielgerichtete Übertragung neuer Forschungsergebnisse einzelner Produktionstechnologien in die agile Produktion und in die Industrie.

Beitragsbild: AgiloBat 1 | Quelle: wbk Karlsruhe, Bramsiepe


Weitere Informationen

https://www.kit.edu/kit/pi_2020_012_agilobat-batteriezellen-flexibel-produzieren.php

Förderer

AgiloBat 1: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (Förderkennzeichen 32-7533-4-161.2/9/12)
AgiloBat 2: Bundesministerium für Bildung und Forschung (Förderkennzeichen 03XP0369A)

Ansprechpartner

wbk Institut für Produktionstechnik
Karlsruher Institut für Technologie

Prof. Jürgen Fleischer
Institutsleiter Maschinen, Anlagen und Prozessautomatisierung
Tel.: +49 721 608-44009
E-Mail: Juergen.Fleischer@kit.edu

Dr. Annelie Kreft
Clustermanagerin InZePro
E-Mail: annelie.kreft@kit.edu


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Formatflexible Lithium-Ionen-Pouchzellen | Quelle: wbk Karlsruhe, Bramsiepe

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Konzept der agilen Batteriezellfertigung | Quelle: wbk Karlsruhe

 

 

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