„Die Gründer Dr.-Ing. Timo Bathe (links) und Alexander Ott (rechts) an der Werkzeugschleifmaschine“ | Quelle: Kardash | TU Dortmund

Unternehmen können künftig ohne große Investitionen und im bestehenden Maschinenpark Schneidkanten präparieren – ein neues Verfahren erhöht die Leistungsfähigkeit der Werkzeuge um bis zu 300 Prozent und senkt die Herstellkosten um bis zu 30 Prozent.

 

Dezember 2021 – Um Zerspanungswerkzeuge leistungsfähiger zu machen, ist insbesondere die Schneidkantenpräparation ein etabliertes Mittel. Hierbei wird die Werkzeugschneide einer Feinstbearbeitung unterzogen, wodurch Fehlstellen, wie Gratbildung oder Ausbrüche, entfernt werden und die Schneide mikroskopisch verrundet wird. Hierdurch wird die Schneidkantenmikrogestalt an den Anwendungsfall angepasst, mit dem Ziel, die mechanische Stabilität der Werkzeugschneide zu erhöhen. Im Allgemeinen ist für eine Schneidkantenpräparation entweder eine komplexe und langwierige Prozessführung innerhalb der Werkzeugschleifmaschine oder aber eine zweckgebundene und damit kostenintensive Spezialmaschine erforderlich. WGP-Forschende haben am Institut für Spanende Fertigung (ISF) der TU Dortmund mit [Tool]Prep ein neues Verfahren entwickelt, mit dem die Schneidkantenpräparation kostengünstig und unkompliziert innerhalb der Werkzeugschleifmaschine möglich wird.

Die neue Methode erweitert den Funktionsumfang einer herkömmlichen Werkzeugschleifmaschine um den Fertigungsschritt der Schneidkantenpräparation. Durch die Modifikation der Schleifscheibenaufnahme, einem Standardbauteil, welches in jeder Werkzeugschleifmaschine vorkommt, wird ein Abrasivkörper in diese integriert. Somit lässt sich das [Tool]Prep-Verfahren universell und ohne großen Kostenaufwand in bestehende Prozessketten integrieren.

 

Technologische Vorteile und Ressourceneffizienz

Der Ausgangspunkt für das Verfahren ist ein elastisch gebundener Abrasivkörper, welcher sich innerhalb eines Wechselelements befindet und in die modifizierte Schleifscheibenaufnahme eingeschraubt wird (vgl. Bild 1). Wie am Beispiel eines Bohrwerkzeuges zu sehen ist, wird zur Schneidkantenpräparation das Bohrwerkzeug in das Wechselelement eingeführt und anschließend der elastische Abrasivkörper zerspant. Die im zerspanten Material enthaltenen Abrasivpartikel sorgen für einen gezielten Materialabtrag an den Werkzeugschneiden. Aufgrund der speziell entwickelten Zusammensetzung des Abrasivkörpers reicht eine Bohrtiefe von 1 mm aus, um eine definierte Verrundung der Werkzeugschneide zu erreichen. Somit lassen sich pro Wechselelement bis zu 40 Werkzeuge präparieren. Der anschließende Austausch des Wechselelementes durch ein neues dauert nur wenige Sekunden und kann sowohl manuell als auch vollautomatisch realisiert werden.

Schneidkantenpräparation eines Schaftwerkzeuges mittels elastisch gebundenen Abrasivkörper | Quelle: [Tool]Prep UG

Bild 1: Schneidkantenpräparation eines Schaftwerkzeuges mittels elastisch gebundenen Abrasivkörper | Quelle: [Tool]Prep UG

 

Neben den bereits genannten wirtschaftlichen Vorteilen bietet die neue Methode diverse technologische Vorteile. Bisherige Verfahren zur Schneidkantenpräparation hatten zur Folge, dass nicht nur eine Verrundung an den dafür vorgesehenen Bereichen am Werkzeug durchgeführt wurden, sondern ebenfalls an dafür nicht vorgesehenen Bereichen des Werkzeuges. Dies kann in einigen Fällen sogar zu einer Leistungsminderung statt einer Leistungssteigerung führen. Durch die Zerspanung des Abrasivkörpers ist eine zielgerichtete Präparation von bestimmten Schneiden, etwa von Haupt- und Nebenschneide, möglich und somit besonders wichtig für Werkzeuge zur Bohrungsfeinbearbeitung wie zum Beispiel Reibahlen oder Einlippenbohrer. Des Weiteren konnte anhand von Voruntersuchungen ein großes Potenzial zur Wiederaufbereitung bereits verschlissener Zerspanungswerkzeuge aufgezeigt werden. Zukünftig kann hierdurch ein deutlich ressourceneffizienterer Materialkreislauf der umweltbelastenden Bestandteile von Hartmetall, Wolfram und Kobalt, erreicht werden.

 

Kleine und mittelständische Unternehmen profitieren

Insbesondere die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland, die sich auf die Fertigung von Sonderwerkzeuge und die Werkzeugwiederaufbereitung spezialisiert haben, können vom [Tool]Prep-Verfahren profitieren. Mit weniger als fünf Prozent der sonst notwendigen Investitionskosten zur Anschaffung teurer Sondermaschinen kann die Leistungsfähigkeit der Werkzeuge um bis zu 300 Prozent gesteigert werden. Aufgrund der unkomplizierten Prozessführung und der hohen Reproduzierbarkeit eignet sich das Verfahren ebenfalls für einen automatisierten Herstellungsprozess. Gerade für kleine und mittelständische Betriebe stellt die Anschaffung einer teuren Sondermaschine zur Werkzeugpräparation eine meist nicht stemmbare finanzielle Hürde dar. In Folge wird die Werkzeugpräparation noch nicht flächendeckend angewandt. Aufgrund der universellen Integration in Bestandsmaschinen ist mit dem [Tool]Prep-Verfahren ein niedrigschwelliges Angebot für eine unkomplizierte und kosteneffiziente Werkzeugpräparation realisiert worden. [Tool]Prep bietet die Möglichkeit, Herstellkosten je nach Werkzeugtyp um bis zu 30 Prozent zu reduzieren und die Beschaffung von zweckgebundenen Maschinen zu vermeiden. Hierdurch lassen sich Kosten in erheblichem Umfang einsparen und die Werkzeugqualität verbessern.

 

Beitragsbild: „Die Gründer Dr.-Ing. Timo Bathe (links) und Alexander Ott (rechts) an der Werkzeugschleifmaschine“ | Quelle: Kardash | TU Dortmund

Weitere Informationen

https://www.faps.fau.de/forschung/aktuelle-forschungsprojekte/

Förderer

AiF, VDI/VDE, DFG, BMBF

Ansprechpartner

Institut für Spanende Fertigung (ISF)
TU Dortmund

Prof. Dirk Biermann
Institutsleiter
Tel.: +49 231 755-2782
E-Mail: dirk.biermann@tu-dortmund.de

Dr. Timo Bathe
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Tel. +49231 755-8492
E-Mail: timo.bathe@tu-dortmund.de


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Schneidkantenpräparation eines Schaftwerkzeuges mittels elastisch gebundenen Abrasivkörper | Quelle: [Tool]Prep UG

 

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