Titelbild: Digitaler Zwilling | Quelle: OpenAI DALL-E

Digitale Zwillinge zu implementieren, ist nicht nur mit technischen, sondern auch organisatorischen Hürden verbunden. Ein neues Framework aus Hamburg hilft Unternehmen, nicht nur die technischen Hürden zu nehmen. Es vereinfacht auch die Kommunikation und strategische Kosten-Nutzen-Analysen.

 

Dezember 2024 – In der modernen industriellen Fertigung führt die steigende Nachfrage nach individualisierten Produkten zu immer komplexeren Produktionsprozessen. Gleichzeitig birgt die fortschreitende Digitalisierung im Kontext von Industrie 4.0 und 5.0 ein enormes Potenzial, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Eine zentrale Rolle nehmen dabei Digitale Zwillinge (Digital Twins, DTs) ein, die Transparenz schaffen und isolierte Unternehmensbereiche verknüpfen. Dennoch sind DT-Projekte in der Industrie 2024 oftmals noch wenig ausgereift, was ihren Nutzen und ökonomischen Erfolg einschränkt.

Die Dissertation von Christian Kober an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg untersucht anhand umfangreicher empirischer Studien, warum DTs in vielen Fertigungsunternehmen noch nicht ihr volles Potenzial ausschöpfen. Neben technischen Aspekten wie Datenqualität, Interoperabilität und IT-Sicherheit sind vor allem methodische und organisatorische Herausforderungen entscheidend, wie unklare Zieldefinitionen, hohe Kosten und eine fehlende Akzeptanz der Nutzer.

 

Bild 1: Phasen des Entwicklungs- und Lebenszyklus eines Digitalen Zwillings inklusive der entwickelten Modelle | Quelle: Kober, C. (2024). Zielorientierte und nutzenzentrierte Entwicklung und Implementierung von Digital Twins in Fertigungsunternehmen. Dissertation: Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg. https://doi.org/10.24405/17085

Bild 1: Phasen des Entwicklungs- und Lebenszyklus eines Digitalen Zwillings inklusive der entwickelten Modelle | Quelle: Kober, C. (2024). Zielorientierte und nutzenzentrierte Entwicklung und Implementierung von Digital Twins in Fertigungsunternehmen. Dissertation: Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg. https://doi.org/10.24405/17085

 

Um diesen Problemen zu begegnen, wurde das Kober Digital Twin Framework (KDTF) entwickelt. Es ist ein umfassendes Framework, das die Entwicklung und Implementierung von DTs systematisiert und dabei ein optimiertes Kosten-Nutzen-Verhältnis in den Vordergrund stellt. Das Framework beinhaltet fünf wesentliche Modelle:

 

  1. Digital Twin Stakeholder Communication Model (DT-SCM): Dieses Modell verbessert die Kommunikation zwischen Stakeholdern durch klar definierte Dimensionen und sorgt für eine einheitliche Verständigung in DT-Projekten.

  2. Digital Twin Fidelity Requirements Model (DT-FRM): Ein Vorgehensmodell zur präzisen Zielsetzung und Identifikation relevanter Einflussgrößen, das eine Balance zwischen angemessener Fidelity (Detailgrad des DTs) und benötigten Ressourcen ermöglicht.

  3. Digital Twin Benefit Curves (DT-BC): Wissenschaftlich fundierte Grafiken, die die Beziehung zwischen DT-Fidelity, Mehrkosten und Einsparpotenzialen darstellen und Entscheidungsträgern Orientierung im Entwicklungsprozess bieten.

  4. Digital Twin Fidelity Calculation Model (DT-FCM): Ein methodischer Ansatz zur Berechnung der optimalen Fidelity, um den Nettonutzen zu maximieren.

  5. Digital Twin Cost-Benefit Framework (DT-CBF): Ein umfassendes Modell zur systematischen Bewertung der Potenziale und Kosten von DTs.

Das KDTF wurde mithilfe der Design Science Research (DSR)-Methodik iterativ entwickelt und validiert. Ein herausragendes Beispiel für seine erfolgreiche Anwendung ist ein fortschrittliches Projekt in einem innovativen Sägewerk. Dort konnte gezeigt werden, dass das Framework zu einer effektiveren, wirtschaftlich tragfähigen Implementierung komplexer DTs führt und Fertigungsunternehmen dabei unterstützt, fundierte Entscheidungen zu treffen.

 

Bild 2: Allgemeine Herausforderungen der Entwicklung und Implementierung von Digitalen Zwillingen | Quelle: Kober, C., Fette, M., & Wulfsberg, J. P. (2022). Challenges of Digital Twin Application in Manufacturing. 2022 IEEE International Conference on Industrial Engineering and Engineering Management (IEEM), 162–168. https://doi.org/10.1109/IEEM55944.2022.9989654

Bild 2: Allgemeine Herausforderungen der Entwicklung und Implementierung von Digitalen Zwillingen | Quelle: Kober, C., Fette, M., & Wulfsberg, J. P. (2022). Challenges of Digital Twin Application in Manufacturing. 2022 IEEE International Conference on Industrial Engineering and Engineering Management (IEEM), 162–168. https://doi.org/10.1109/IEEM55944.2022.9989654

 

Die Erkenntnisse dieser Arbeit zeigen, dass der Erfolg von DTs nicht allein von der technischen Raffinesse abhängt, sondern maßgeblich von der klaren Zielsetzung, der effizienten Kommunikation und einer strategischen Kosten-Nutzen-Analyse. Das KDTF hilft, diese Faktoren zu vereinen und ebnet den Weg für den erfolgreichen Einsatz von DTs in der industriellen Praxis. Damit trägt es nicht nur zur Verbreitung der Technologie bei, sondern sichert auch ihre langfristige Relevanz und Wirtschaftlichkeit.

 


Mehr Informationen

Link zur Dissertation: https://doi.org/10.24405/17085

Link zu Google Scholar: https://scholar.google.com/citations?user=pST0SOYAAAAJ

Link zu ResearchGate: https://www.researchgate.net/profile/Christian-Kober-3/research


Förderer

Die Autoren danken dtec.bw – dem Zentrum für Digitalisierungs- und Technologieforschung der Bundeswehr und dem Composite Technology Center / CTC GmbH (An Airbus Company) für die Unterstützung dieser Arbeit im Rahmen des Projekts ”LaiLa – Labor für intelligente Leichtbauproduktion“. Dtec.bw wird von der Europäischen Union – NextGenerationEU finanziert.

 

Ansprechpartner

Laboratorium für Fertigungstechnik (LaFT)
Helmut-Schmidt-Universität (HSU)

Prof. Jens P. Wulfsberg
Institutsleiter
Tel.: +49 40 6541 2720
E-Mail: jens.wulfsberg@hsu-hh.de

Christian Kober
Projektleiter
Tel.: +49 172 70 60 399
E-Mail: christian.kober@hsu-hh.de

 

 


Downloads:

Beitragsbild:

Digitaler Zwilling | Quelle: LaFT Hamburg / erstellt mit OpenAI DALL·E

Bild 1:

Phasen des Entwicklungs- und Lebenszyklus eines Digitalen Zwillings inklusive der entwickelten Modelle | Quelle: Kober, C. (2024). Zielorientierte und nutzenzentrierte Entwicklung und Implementierung von Digital Twins in Fertigungsunternehmen. Dissertation: Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg. https://doi.org/10.24405/17085

Bild 2:

Allgemeine Herausforderungen der Entwicklung und Implementierung von Digitalen Zwillingen | Quelle: Kober, C., Fette, M., & Wulfsberg, J. P. (2022). Challenges of Digital Twin Application in Manufacturing. 2022 IEEE International Conference on Industrial Engineering and Engineering Management (IEEM), 162–168. https://doi.org/10.1109/IEEM55944.2022.9989654

 

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