Um im stark wachsenden, von asiatischen Herstellern dominierten Markt für Batterieproduktionsanlagen bestehen zu können, müssen sich europäische Anlagenhersteller von der internationalen Konkurrenz absetzen. Das kann durch eine flexiblere Zellproduktion gelingen.
Dezember 2021 – Die Prozessketten können sowohl hinsichtlich der zu produzierenden Zellformate als auch der verwendeten Materialien flexibilisiert werden. „Damit wird die Zellverpackung zum limitierenden Faktor”, erläutert Prof. Jürgen Fleischer, Leiter des wbk Instituts für Produktionstechnik in Karlsruhe und Mitglied der WGP (Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik). „Deswegen steht in unserem Projekt PaXibel auch die flexible Herstellung der Verpackung von Pouchzellen im Fokus.” Pouchzellen sind eine weit verbreitete Bauform für Lithium-Ionen-Batterien (siehe Beitragsbild).
Verbreitet sind zwei Arten von Pouchzellverpackungen: einerseits tütenartige Coffeebags (siehe Beitragsbild), deren Format nicht durch die Folie selbst, sondern durch den Siegelvorgang eingestellt wird. Zum anderen gibt es Folien-Halbschalen (siehe Beitragsbild), die durch einen Umformprozess formatspezifisch gefertigt werden können. Ab einer gewissen Stapeldicke führen Coffeebags zu Einbußen bei der Zellperformance, weshalb der industrielle Fokus und somit auch der Fokus von PaXibel auf dem Einsatz von Halbschalen liegt.
Der Wechsel des Zellformates ist bei Anlagen nach heutigem Stand der Technik nur unter großem Aufwand möglich, denn die Prozesskette muss umgerüstet und auf verschiedene Werkzeuge ausgerichtet werden. Das macht den Wechsel zeitaufwändig und teuer. Zudem müssen die Parameter des Umformprozesses nicht nur an das Werkzeug, sondern auch an das gewählte Folienmaterial angepasst werden. Die Einstellung dieser Werte basiert bisher häufig auf Erfahrungswerten der Mitarbeitenden und einem Vorgehen nach dem Prinzip „trial and error“.
Das Projekt PaXibel strebt nun eine flexible Herstellung von tiefgezogenen Pouchfolie-Halbschalen an. So soll durch ein flexibles Werkzeug an der Tiefziehpresse das aufwändige Umrüsten entfallen und eine verkürzte Prozesskette realisiert werden (siehe Bild 1). Eine Materialstudie, die verschiedene Formate berücksichtigt, dient als Basis für ein Modell, das die einfache Anpassung der Anlagenparameter auf neue Folienmaterialien und Pouchzellformate ermöglicht. Die so gewonnenen Erkenntnisse sollen in einem nächsten Schritt dazu dienen, die Herstellung leicht tiefziehbarer Folien zu optimieren.
Nicht zuletzt wollen die Forschenden in Karlsruhe auch ein Werkzeug entwickeln, das durch einzeln agierende Geometrieobjekte den Prozess noch weiter flexibilisiert. Das wird durch das Segmentieren des Stempelgrundkörpers (siehe Bild 2) erreicht. Durch Zu- und Abschalten einzelner Segmente sind so vielfältige Stempelgeometrien und damit verschiedene Pouchzellformate herstellbar. Ein Prototyp soll schließlich beweisen, dass die neue Fertigungsmethode funktioniert. Der Dreiklang von Werkzeugentwurf, Materialoptimierung und Modellbildung bringt so einen bedeutenden Fortschritt in einem noch unterrepräsentierten Bereich der Pouchzell-Fertigung.
Projektpartner des wbk Institut für Produktionstechnik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sind die Kiefer GmbH, Maschinenfabrik Lauffer GmbH & Co. KG, Südpack Verpackungen GmbH & Co. KG, und das IAM Institut für angewandte Materialien – Energiespeichersysteme am KIT.
Beitragsbild: Pouchzellverpackungen am KIT | Quelle: wbk/IAM
Weitere Informationen
https://www.faps.fau.de/forschung/aktuelle-forschungsprojekte/
Förderer
BMBF – Batterie 2020 Transfer – Förderkennzeichen: 03XP0400D
Ansprechpartner
wbk Institut für Produktionstechnik
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Prof. Jürgen Fleischer
Institutsleiter
Tel.: +49 721 608-44009
E-Mail: juergen.fleischer@kit.edu
Nils Schmidgruber
Akademischer Mitarbeiter
Tel.: +49 1523 9502604
E-Mail: nils.schmidgruber@kit.edu
Downloads:
Pouchzellverpackungen am KIT | Quelle: wbk/IAM
Tiefziehpresse des wbk | Quelle: wbk Karlsruhe
Konzept eines segmentierten Ziehstempels | Quelle: wbk Karlsruhe
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