Forschende der WGP entwickeln im Rahmen des Projekts ProKI-Hannover ein System, das Menschen bei monotonen und zeitaufwändigen Sichtprüfungen unterstützt. Geschultes Fachpersonal soll somit entlastet werden.
Dezember 2023 – Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bilden acht Hochschulen in Deutschland das Demonstrations- und Transfernetzwerk KI in der Produktion (kurz: „ProKI-Netz“). Gemeinsam verfolgen sie das Ziel, Einsatzgebiete und Potenziale von Künstlicher Intelligenz (KI) für unterschiedliche Bereiche der Fertigungstechnik praxisnah aufzuzeigen. Das ProKI-Zentrum in Hannover, geleitet vom WGP-Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover, stellt Unternehmen vielfältige KI-Demonstratoren und zugehörige Schulungsangebote bereit. Einer der Demonstratoren thematisiert die Unterstützung des Menschen bei Sichtprüfungen. Hierzu werden Maschinelles Lernen und ein kollaborativer Roboter eingesetzt.
Bestimmte Eigenschaften eines Produkts, wie beispielsweise seine Passgenauigkeit, können durch Messmittel bereits vollautomatisiert überprüft werden. Nach außen sichtbare und insbesondere dekorative Bauteile (z.B. Zierleisten) werden in der Regel jedoch noch manuell durch den Menschen auf ihr Aussehen überprüft. Diese Sichtprüfungen sind zeitaufwändig und monoton. Hinzu kommt, dass sie für gewöhnlich von geschultem Fachpersonal durchgeführt werden müssen.
Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen bieten das Potenzial, Sichtprüfungen an Bauteilen zu automatisieren. Das sogenannte Deep Learning auf Basis künstlicher neuronaler Netze erlaubt es der KI, komplexe Muster und Merkmale in Bilddaten zu erkennen. Dadurch wird eine präzise und robuste Erkennung von Mängeln oder Abweichungen ermöglicht, selbst bei anspruchsvollen visuellen Inspektionsaufgaben.
Mensch und Maschine kontrollieren gemeinsam die Bauteilqualität
Der KI-Demonstrator zeigt die Anwendung von Maschinellem Lernen zur gezielten Unterstützung von Fachpersonal. Über eine benutzerfreundliche grafische Oberfläche werden die Bauteillänge und die Qualitätsanforderungen an das Bauteil eingetragen. Qualitätsanforderungen sind beispielsweise die Anzahl und Größe von Beschädigungen, wie etwa Kratzern, auf der Oberfläche. Durch die manuelle Eingabe lässt sich das System auch für unterschiedliche Bauteillängen und variierende Qualitätsanforderungen einsetzen. Daraufhin wird die Qualitätskontrolle gestartet. Die Bedienoberfläche läuft als Touchscreen-optimierte Web-Applikation auf einem handlichen Tablet.
Über eine Schnittstelle wird die Bauteillänge als Eingabeparameter an einen kollaborativen Roboter übertragen. Der Roboter bewegt sich daraufhin über die festgelegte Länge, während eine am Roboter angebrachte Kamera Bilder des Bauteils aufnimmt. Zwei neuronale Netze analysieren die Bauteilqualität. Ein neuronales Netz klassifiziert die Oberflächenbeschaffenheit zwischen in Ordnung und nicht in Ordnung. In einem Test mit 35 Bildern von Oberflächen konnten alle Bilder durch das System korrekt zuordnet werden.
Das zweite neuronale Netz wird zur Objekterkennung eingesetzt und gibt die Anzahl, Größe und Positionen von Beschädigungen auf den Oberflächen an. Bei einem Test erkannte das System 69 von 81 Beschädigungen. Nicht erkannte Beschädigungen waren dabei insbesondere auf ungünstig ausgeleuchtete Bauteilbereiche zurückzuführen.
Die Ergebnisse der Qualitätskontrolle werden anschließend grafisch für das Fachpersonal aufbereitet. Dadurch erhalten Bedienerinnen und Bediener alle erforderlichen Qualitätsinformationen für das jeweilige Bauteil. Dieses kann nun genauer überprüft oder in den nächsten Prozessschritt überführt werden.
Interessierte Unternehmen können das System im Rahmen von ProKI-Hannover am IFW Hannover besichtigen. Bei Interesse an der Umsetzung eines ähnlichen Systems beraten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der WGP gerne und bieten themenbezogene Schulungen an. Aufgrund der Förderung durch das BMBF ist das Angebot kostenlos.
Weiterführende Informationen
Förderer
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Ansprechpartner
Institut für Fertigungstechnik und Werkzeumaschinen
Leibniz Universität Hannover
Prof. Berend Denkena
Geschäfsführende Leitung
Tel.: +49 511 762 2553
E-Mail: denkena@ifw.uni-hannover.de
Aleks Arzer
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Tel.: +49 511 762 18309
E-Mail: arzer@ifw.uni-hannover.de
Downloads:
Beitragsbild: Kollaborativer Roboter | Quelle: IFW Hannover
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